Die Missachtung der Rechte und die sexuelle Ausbeutung von Kindern gehören zu den gravierendsten Menschenrechtsverletzungen im Tourismus. Aktuelle Studien über die Anzahl der im Tourismus arbeitenden Kinder existieren leider nicht. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Millionen Minderjährige im informellen und formellen Sektor der Tourismusbranche beschäftigt sind. Beispielsweise als Reinigungskräfte, Kofferträger*innen, Hausangestellte, Restaurantangestellte, Souvenirverkäufer*innen, Tellerwäscher*innen, Postkartenverkäufer*innen oder Kellner*innen. Minderjährige werden ausserdem gezielt in touristische Regionen gebracht, um dort zu betteln oder Diebstähle zu begehen. Eine noch gravierendere Form der ausbeuterischen Kinderarbeit ist die sexuelle Ausbeutung. Laut der Internationale Arbeitsorganisation (ILO) waren 2015 weltweit rund 1,8 Millionen Kinder von sexueller Ausbeutung betroffen. Anders als man erwarten könnte, sind reisende Sexualstraftäter*innen oftmals keine internationalen Tourist*innen, sondern Reisende aus dem Inland. So werden beispielsweise in Kambodscha drei Viertel aller Sexualstraftaten im Tourismus von nationalen Reisenden begangen.  

Einfluss der COVID-19 Pandemie 

Vor der COVID-19 Pandemie wurden Kinderschutzmassnahmen im Tourismussektor zwar von immer mehr Reiseveranstalter*innen, Hotels und Regierungen umgesetzt, die Zahl der Kinderrechtsverletzungen im touristischen Kontext blieb aber dennoch auf hohem Niveau. Durch die Pandemie hat sich das Risiko der sexuellen Ausbeutung von Kindern im Internet sogar erhöht. So meldet das philippinische Justizministerium 2020 insgesamt 202.605 (+ 265 Prozent zum Vorjahr) Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern. Aufgrund des Kontaktverbotes und Lockdowns hat sich die sexuelle Ausbeutung von Kindern in Privatwohnungen und auf Onlinestreams verschoben. Auch nach der Pandemie und mit der Wiederaufnahme des Reiseverkehrs wird davon ausgegangen, dass sowohl die sexuelle Ausbeutung von Kindern als auch die Missachtung ihrer Rechte im Tourismus weiter zunehmen wird.  

Missbrauchsfälle verschieben sich in den digitalen Raum 

Ebenso, wie die pandemische Entwicklung der letzten zwei Jahre trägt auch die globale Digitalisierung massgeblich dazu bei, dass Täter*innen immer leichter und vor allem unerkannter agieren können. Im Zuge der Pandemie haben zum Beispiel immer mehr Hotels und Unterkünfte Massnahmen, wie Self-Check-In umgesetzt, um den Kontakt zu Gästen zu minimieren. Damit werden Reisen immer anonymer und verdächtige Situationen in Bezug auf sexuelle Ausbeutung und Kinderhandel noch seltener aufgedeckt.

The Code

The Code – der Kinderschutzkodex ist eine Selbstverpflichtung der Tourismuswirtschaft, die von der weltweiten Kampagne zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung im Tourismus (ECPAT) und weiteren Kinderschutzorganisationen gemeinsam mit der UN-Welttourismusorganisation (UNWTO) und der Reisewirtschaft entwickelt wurde.  

Tourismusunternehmen, die den Code unterzeichnen, verpflichten sich, den Schutz Minderjähriger vor sexueller Ausbeutung im Tourismus in ihr Leitbild zu integrieren, mit konkreten Massnahmen sicherzustellen und regelmässig öffentlich Bericht zu erstatten. Knapp tausend Unternehmen aus über 30 Ländern bekennen sich zu dieser Selbstverpflichtung.

Was Reisende tun können: 5 Wege für Kinderschutz im Tourismus  

  1. Wähle Reiseveranstalter*innen und Hotels aus, die beispielsweise eine ganzheitliche Nachhaltigkeitszertifizierung haben, sich für die Einhaltung der Menschenrechte aussprechen oder The Code, den Kinderschutzcodex unterzeichnet haben.  
  2. Wenn du auf Reisen bei einer Familie mit Kindern wohnst, du Kinderschutzprojekte oder Schulen besuchst, dann achte darauf, dass die Kinder in ihrem täglichen Umfeld nicht gestört oder inszeniert werden. Mache nicht ungefragt Fotos von ihnen, umarme keine Kinder, die du nicht kennst und verzichte auf den Konsum von Drogen und Alkohol in ihrem Beisein. 
  3. Zeige Zivilcourage zu Hause und am Ferienort: Beobachtest du beispielsweise, dass ein Kind rund um die Uhr arbeitet, oder hast einen Verdacht auf sexuelle Ausbeutung von Kindern? Dann melde jeglichen Hinweis, wie eine Beschreibung von Mittelsmännern oder -frauen, Autokennzeichen oder Ähnliches direkt beim Reiseveranstalter, dem Hotel vor Ort und verlässlichen Kinderschutzorganisationen, wie www.stopchildsextourism.ch oder www.nicht-wegsehen.net.  
  4. Meide Bars und ähnliche Orte, in denen Kinder den Reisenden für sexuelle Zwecke angeboten werden.  
  5. Sprich mit Kolleg*innen und Freund*innen über Kinderprostitution, Kinderpornografie und Kinderhandel. Versuche, andere Menschen für das Thema zu sensibilisieren und sie zum Handeln zu bewegen.