Kindersextourismus in Pattaya
Basel, 20. Juli 2009, akte/ Am 22. April übertrug die "Rundschau" von SF DRS direkt in die wohlbehüteten Schweizer Wohnzimmer, wie im thailändischen Pattaya Kinderschänder ganz einfach an der Rezeption gediegener Hotels vorbei Kinder auf ihre Zimmer mitnehmen können. Die Bilder schockierten umso mehr, als die "Rundschau" nicht einfach die alt bekannten Bilder von Sextouristen auf ihrer Suche nach Kindern in Pattaya verfolgte. Vielmehr testete der Reporter acht Hotels, die von Kuoni und M-Travel (Hotelplan) angeboten werden, mit gestellten Szenen. Kuoni und M-Travel zeichneten sich über die letzten Jahre dadurch aus, dass sie den internationalen Verhaltenskodex der Tourismusbranche zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung im Tourismus, "Tourism Child-Protection Code", ratifiziert und im Unternehmen umgesetzt haben. Dazu gehört auch, dass sie ihre Vertragspartner in den Destinationen darüber informieren, dass sie die sexuelle Ausbeutung von Kindern nicht dulden, aktiv Massnahmen ergreifen und solche auch von ihren Vertragshotels einfordern.
Der "Code" zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung verpflichtet
Genau deshalb stehen nun ausgerechnet die Veranstalter am Pranger, welche über die letzten Jahre die meisten Massnahmen zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung im Tourismus ergriffen haben: Sie informieren ihre Kundschaft, schulen ihre Angestellten, nehmen spezielle Klauseln in die Verträge mit den Anbietern in den Destinationen auf und führen Workshops durch. Da kommt die negative Presse höchst ungelegen und zwingt die Nachhaltigkeitsabteilungen der Reiseveranstalter, ihre Strategien betriebsintern und in der Öffentlichkeit zu verteidigen und unverzüglich zu verbessern.
Dennoch: Es ist sehr hilfreich, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen die Umsetzung dieser Vorhaben zum Schutz der Kinder überprüft. Die sexuelle Ausbeutung von Kindern ist ein Verbrechen und gehört zu den gravierendsten Menschenrechtsverletzungen. Kinder müssen im Tourismus geschützt werden, das zeigt nicht zuletzt der "Rundschau"-Beitrag nochmals in aller Deutlichkeit. Das Engagement der Reiseveranstalter ist dringend notwendig und ihre Massnahmen müssen greifen. Ist dies nicht der Fall, muss nachgebessert werden.
Schade nur, dass die "Rundschau" in ihrem Beitrag mit keinem Wort nachgefragt hat, was denn all diejenigen Schweizer Reiseveranstalter in Thailand und andernorts auf der Welt zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung tun, die den "Code" nicht selber unterzeichnet haben. Immerhin hat auch der Schweizerische Reisebüro-Verband im Herbst 2008 den "Code" zum Schutz der Kinder ratifiziert – ein wichtiger Schritt zur Qualifizierung der Schweizer Reisebranche. Damit stehen im Prinzip auch alle Verbandsmitglieder in der Pflicht, Kinder aktiv vor sexueller Ausbeutung im Tourismusgeschäft zu schützen.
Entscheid mit Signalwirkung
Aufgrund des "Rundschau"-Beitrags und nach Gesprächen mit den Hotels hat Kuoni die fünf und M-Travel seine zwei in der Sendung dargestellten Vertragshotels aus dem Angebot gestrichen. Das ist die Antwort, die im Mindesten fällig wurde, wollen die Veranstalter glaubwürdig bleiben. In der Fachzeitschrift "Travel Inside" hat sich auf diesen Entscheid hin der Resident Manager eines der betroffenen Hotels, des Siam Bayshore, wortreich gewehrt. Das Hotelpersonal könne nicht einfach Polizei spielen und jeden Touristen mit einem einheimischen Kind an der Hand interpellieren. Da hat er an sich Recht – wäre es nicht ausgerechnet Pattaya, wo das gesamte Management und alle Angestellten von Hotels, die sich zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung verpflichtet haben, den Minderjährigen in Begleitung von Touristen grösste Aufmerksamkeit zukommen lassen müssen.
Die im "Rundschau"-Beitrag entlarvten Hotels sollen mit gezielten Massnahmen zu spüren bekommen, dass ihre Vertragspartner die Verpflichtungen aus dem "Code" zum Schutz der Kinder ernst nehmen. Dies ist heute im krisengebeutelten Thailand umso wichtiger, als die Hoteliers derzeit punkto Kundschaft nicht gerade wählerisch sein dürften. Der Entscheid der Vertragskündigung kann – entsprechend kommuniziert – über Pattaya hinaus in anderen für Sextourismus bekannten Orten in Thailand und weltweit eine wichtige Signalwirkung haben.
Keine Pauschalverurteilungen sondern wirksame Kontrollen
Es geht dabei nicht – wie im "Rundschau"-Beitrag gefordert – um eine Pauschalverurteilung beziehungsweise den Rückzug der Reiseveranstalter aus dem mit dem Schmuddel-Image behafteten Pattaya. Was passiert dann mit all den unzähligen anderen anrüchigen Destinationen rund um den Globus? Sanktionen müssen gezielt bleiben und sind auf jeden Fall immer nur ein letzter Rekurs. Im Vordergrund steht gerade jetzt in der Krise vielmehr, dass die Reiseveranstalter gemeinsam mit ihren Vertragspartnern die Einhaltung des "Code" wirksam überprüfen. Im "Code" selbst sind offenbar die Kontrollmechanismen noch zu wenig verankert. In Pattaya jedenfalls fehlten sie.
Das hat der "Rundschau"-Beitrag deutlich gemacht. Die Mithilfe der Medien bei diesen wichtigen komplexen Aufgaben ist weiterhin dringend gefragt. So ist es auch erfreulich, dass "Travel Inside" nach der schockierenden Fernsehsendung nochmals die Frage aufgegriffen hat, welche Konsequenzen die Reiseveranstalter inzwischen gezogen haben.
Derweil müssen die Unterzeichnenden des "Code" seriös über die Bücher, wie sie die Einhaltung ihrer Verpflichtungen zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung im Tourismus effektiv gewährleisten können und so auch ihrer Kundschaft gegenüber glaubwürdig bleiben.
Quellen: Rundschau SF DRS 22,04,2009 www.sf.tv/sendungen/rundschau/index.php?docid=20090422; Travel Inside 09.07.09; 02.07.09; 25.06.09; eigene Recherchen