Klima-Grosseltern unterwegs: Im Tenda-Pass und Valle de la Roya
Ein Abenteuer im Valle de la Roya: Entdeckungen zwischen Italien und Frankreich
Ende Juni 2024 machten wir, Elisabeth und Lorenz, uns auf den Weg in ein für uns unbekanntes Tal im italienisch-französischen Grenzgebiet – das Valle de la Roya. Der Start war jedoch alles andere als reibungslos: Die Bahnstrecke von Domodossola nach Mailand war wegen Bauarbeiten durch Busse ersetzt. Obwohl die Busreservierung klappte, fuhr der Bus verspätet, was unsere Anschlüsse nach Turin und Cuneo ins Wanken brachte. Ab Cuneo kauften wir die Fahrkarten direkt im Zug und erreichten schliesslich Limone, einen hübschen Touristenort, wo wir auf die Tendabahn warteten. Die Zeit überbrückten wir mit einem entspannten Apéro.
Die Tendabahn brachte uns durch einen beeindruckenden 8 km langen Tunnel ins französische Valle de la Roya. Unsere Unterkunft, das einzige Hotel, das wir online fanden, war «Le Prieure» in St. Dalmas de Tende, südlich von Tenda. Nach 14 Stunden Reise waren wir überglücklich, ein schönes Hotel in Bahnhofsnähe gefunden zu haben. Besonders beeindruckend war das soziale Engagement des Hauses, das Menschen mit besonderen Bedürfnissen ausbildet.
Wandern im Valle de la Roya
Am nächsten Tag ging es mit leichtem Gepäck und einer alten Wanderkarte (1:50.000) auf Tour, um das Valle de la Roya zu entdecken. Die Wanderung führte uns südwärts über Fahrwege und schmale Trails, oft hoch über der tiefen Schlucht der Roya. Nach ein paar Stunden erreichten wir Fontan, einen Ort, der 2020 von einem verheerenden Unwetter stark getroffen wurde. Noch immer sind die Schäden sichtbar: fehlende Fassaden, zerstörte Brücken und Spuren von Armut. Es wirkt, als hätte der Staat das Dorf vergessen.
Der nächste Abschnitt führte uns nach Saorge, das wir über einen kleinen Pass durch Dickicht und wunderschöne Natur erreichten. Dieses Aussteigerdorf am steilen Berghang beeindruckte uns mit seiner lokalen Produktion und einem lebhaften Dorfleben: Musik und Tanz auf der Dorfstrasse, während Plakate klar machten, dass Le Pen hier «ein No-Go» ist.
Rasante Busfahrten und charmante Dörfer
Nach Saorge ging es mit dem Bus zurück nach St. Dalmas und weiter nach La Brigue. Obwohl die Tendabahn diese Strecke ebenfalls bedient, entschieden wir uns für den Bus – eine rasante, fast furchteinflössende Fahrt auf der schmalen Strasse in der engen Schlucht. La Brigue, mit seinen alten Villen, war einst die Sommerresidenz der Oberschicht aus Nizza. Ein Einheimischer erzählte uns, dass der Ort im Valle Roya im Herbst besonders schön und ruhig sei.
In Brail-sur-Roya fanden wir im «La Bonne Auberge» ein Zimmer. Von dort aus wanderten wir am nächsten Tag trotz Regen auf dem gut markierten Sentier Valléen nach Airole. Die wilde Schlucht beeindruckte uns erneut, ebenso wie die Geschichte der Tendabahn. Zwischen 1883 und 1914 erbaut, wurde sie während der Weltkriege mehrfach zerstört und wieder aufgebaut. Die verlassenen, oft ärmlichen Dörfer entlang der Strecke sind pittoresk, aber ihre Zukunft bleibt ungewiss.
Vom Valle Roya ans Meer und zurück in die Heimat
Nach einem weiteren Aufenthalt in Brail-sur-Roya ging es weiter nach Ventimiglia ans Meer. Im Regen fanden wir ein Zimmer im «Hotel Kaly», das zwar teurer war als unsere bisherigen Unterkünfte, aber einen schönen Abschluss bot. Nach einem heissen Tag am Strand begann unsere Heimreise.
Wir besuchten noch Tende, ganz oben im Valle de la Roya, wo wir im «Hotel Central» eine einfache, aber herzliche Unterkunft fanden. Die Rückfahrt führte uns mit fünf Regionalzügen und 55 Halten in 11 Stunden zurück nach Thun. Diese lange Zugreise bot uns eine wunderbare Gelegenheit, Land und Leute intensiv kennenzulernen.
Dankbar blicken wir auf sieben eindrückliche Tage voller Abenteuer, Entdeckungen und unvergesslicher Erlebnisse zurück. Das Valle de la Roya bleibt für uns ein Ort voller wilder Schönheit und bewegender Geschichten.
Lorenz Perincioli
Lorenz Perincioli ist Mitglied der Klimagrosseltern Bern.