Die Idee für die Reise kam an einem jener dunklen Wintertage auf, an denen ich daran zu zweifeln beginne, dass es je wieder Frühling werden wird und mich nur noch nach blauem Mittelmeer, Sonne und aromatisch riechendem Maquis sehne. Wäre jetzt nicht der richtige Moment gekommen, meinen Geburtstag Ende Mai an dem Ort zu feiern, wo ich vor 46 Jahren als 20-jähriges Aupairmädchen eine unvergesslich schöne Zeit verbracht hatte: Korsika? Nur sollte das Programm aus Rücksicht auf gesundheitliche Probleme meines Partners zeitlich auf etwa zehn Tage beschränkt sein, nicht zu viele Ortswechsel – möglichst mit dem öffentlich Verkehr – mit sich bringen und genug Raum für kürzere Wanderungen lassen.

Wir haben ja jetzt Zeit

Mit Hilfe von Reiseführern und einer Wanderkarte stellten wir ein Reiseprogramm für den nördlichen Teil der Insel zusammen und suchten uns kleine persönliche Hotels heraus. Stoff für einige Diskussionen bot lediglich die geeignete Art der Anreise nach Bastia: Kurze Fahrt mit der Fähre von Livorno aus, dafür längere Strecke mit dem Zug mit mehrmaligem Umsteigen? Oder möglichst direkte Zugfahrt nach Genua bzw. Savona, dafür mit längerer Überfahrt? Schnell erledigt hatte sich die Option, wegen der kurzen Feriendauer doch zu fliegen: Ein kurzer Blick auf die Flugpläne zeigte, dass das – zumindest Ende Mai – mit zwei Zwischenlandungen und 12 Stunden Reisedauer wenig attraktiv war. Wir entschieden uns für die Route über Savona.

Weil wir beide wenig Erfahrung im Buchen auf Internet hatten, schickten wir unseren Programmvorschlag an ein Schweizer Reisebüro, das die Reservationen der Hotels, Fähren und Züge via eine französische Partneragentur für einen bescheidenen Aufpreis für uns erledigte. Einzig die Reservation des Mietautos bei Hertz machte ich direkt – als Mitglied von Mobility profitierte ich dabei von einem Spezialpreis.

Zum Glück haben wir reservierte Plätze

Noch etwas gestresst vom Packen starten wir am Morgen im Hauptbahnhof Zürich mit einem Kaffee bevor wir mit Rollkoffer und Rucksack in den Zug nach Genua steigen  – angesichts der vielen Reisenden heilfroh darüber, reservierte Sitzplätze zu haben.

Milano Stazione Greco Pirelli
Milano Stazione Greco Pirelli

Als in einem Vorortsbahnhof von Mailand unsere Fahrt aus unbekannten Gründen für längere Zeit zum Stillstand kommt und der Zugbegleiter sich im Freien eine Zigarette anzündet, wage ich es auszusteigen, um vom Perron aus einige Fotos vom blühenden Mohn zwischen den Gleisen und einem kühn gestalteten Hochhaus – einer Architekturperle – zu machen.

In Genua müssen wir unser bequemes Abteil verlassen, um im Untergrund auf einen Vorortzug nach Savona umzusteigen: Die Fenster von mehrstöckigen Wohngebäuden scheinen bei der Weiterfahrt zum Greifen nahe: Überall enge Gassen, Höfe, kurze Durchblicke aufs Meer, Palmen und Oleander. Und dann das Meer in ganzer Breite.

Corsica Ferries
Corsica Ferries

In Savona gibt es zum Glück auf dem Perron für unsere schweren Rollkoffer einen Lift, und auf dem Vorplatz des Bahnhofs stehen einige Taxis, von denen uns einer zum etwa 10 km entfernten Hafengelände bringt. 4 Stunden vor Abfahrt wartet schon eine riesige Kolonne von Lastwagen und PWs aufs Verladen. Das Schiff hat die Dimensionen eines Hochhauses.

Abfahrt von Savona
Abfahrt von Savona

Tickets ausdrucken schont die Nerven

Noch ein Schreckensmoment, als sich herausstellt, dass wir die elektronischen Tickets ausgedruckt hätten mitbringen sollen – dann können wir an Bord. Unsere Kabine ist geräumiger, als ich es mir vorgestellt hatte: Keine Kajüten, sondern ganz normale Betten. Die Abendstimmung, welche wir durch das kleine Bullauge wahrnehmen, ist allerdings so schön, dass wir schnell unser Gepäck abstellen, um dann gleich auf ein oberes Deck zu steigen: Wir ziehen vorbei an Werften mit grellen Lichtern, in denen noch emsiges Treiben herrscht, dann entfernt sich die Küste und alles zerfliesst in weicher Meeresluft und Abendrot. Als es dunkel wird, richten sich mehrere Passagiere zum Schlafen auf den Sitzbänken ein.

«Auch ein Berner Ehepaar hat sich auf die schmale Sitzbank gelegt – die nun grauen Haarschöpfe Kopf an Kopf – sonst aber wohl ganz so wie in ihrer Jugend.»

Am nächsten Morgen sehen wir beim Aufwachen durch das Bullauge bereits die Silhouette der Insel; auf Deck lassen wir uns dann von einem unglaublichen Sonnenaufgang bezaubern, wie es ihn nur auf dem Meer gibt.

Erste Silhouette der Insel
Erste Silhouette der Insel

Fazit 
Die Reservationen durch das Reisebüro haben einwandfrei geklappt; wir hatten durchwegs schöne Zimmer mit toller Aussicht. Wegen den schlechten ÖV-Verbindungen war es hilfreich, vor Ort mit einem Mietauto unterwegs zu sein, vor allem für die Standortwechsel und um an die Ausgangspunkte der Wanderungen zu gelangen. Wir haben versucht die Autofahrten möglichst sparsam einzusetzen und mussten den Tank nur einmal nachfüllen. Bei einer kurzen Reise wäre es sinnvoll, sich auf einen einzigen Standort zu beschränken und von dort aus Ausflüge zu machen; die Hotelwechsel waren der anstrengendste Teil der Reise.

Barbara Rothenberger

Barbara Rothenberger

Barbara Rothenberger ist Architektin und war in den letzten zwei Jahrzehnten hauptsächlich in verschiedenen Funktionen in den Programmen der Humanitären Hilfe der DEZA und als Konsulentin tätig. Sie ist Mitglied des Vereins Klima-Grosseltern Schweiz.

Tipps und Links

Anfahrt

Im Land

  • Wanderführer Korsika, Peter Mertz, mit Tourenkarte, Kümmerli+ Frei
  • Höhepunkte: der zum Hotel umgewandelte alte Bischofsitz Kardinalssitz in Spenluncato (A Spelunca di u Sechju), die Zitadellen von Calvi und  Bastia, die Tatsache, dass mehr als ein Drittel der Insel als Teil des Parc naturel régional de Corse unter Schutz steht.