Im Unterschied zu anderen Wirtschaftsbranchen, die nicht selten auf Druck internationaler Kampagnen längst konkrete Massnahmen gegen ausbeuterische Kinderarbeit ergriffen haben, sind glaubwürdige Selbsterklärungen und Verhaltenskodexe mit entsprechender Produktedeklaration in der Tourismusindustrie noch immer die absolute Ausnahme. Mit dem „Certified Code of Conduct“ hat nun die schwedische Mitgliedsorganisation der weltweiten Kampagne gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern (ECPAT) gemeinsam mit skandinavischen Reiseveranstaltern ein Instrument entwickelt, das Reiseunternehmen ermöglicht, den Kindesmissbrauch durch Sextouristen aktiv zu bekämpfen. Die sexuelle Ausbeutung von Kindern gehört unbestritten zu den schlimmsten Formen der Kinderarbeit, die – darüber herrscht spätestens seit der Verabschiedung der neuen Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) vom Juni 1999 Einigkeit in der internationalen Gemeinschaft – vorrangig bekämpft werden müssen. Mindestens zwei Millionen Kinder werden weltweit jährlich Opfer der kommerziellen sexuellen Ausbeutung, hält ECPAT fest. Gerade der Urlaub ist bekanntlich für Reisende immer wieder Anlass, diesbezüglich Grenzen, die sie zu Hause einhalten würden, zu übertreten. Umso wichtiger ist der Schritt der skandinavischen Veranstalter, sich gegenüber ECPAT vertraglich zu verpflichten, ihre Kundschaft, aber auch ihre Angestellten und ihre Vertragspartner in den Reisezielländern umfassend zu informieren und eine Reihe von Vorkehrungen zum Schutz der Kinder vor Ausbeutung im Tourismus zu treffen. Aufgrund der positiven Erfahrungen in den skandinavischen Ländern streben jetzt auch die ECPAT-Vertretungen von Deutschland, Österreich und anderen wichtigen Entsendeländern der Touristen im Rahmen eines neuen EU-Projektes solche Verträge mit den Reiseveranstaltern an. Gleichzeitig wird eine Kontrolle von unabhängiger Seite über die Einhaltung der Vereinbarungen eingerichtet. Künftig sollen Angebote von vertraglich gebundenen Reiseunternehmen mit einem Gütesiegel versehen werden. Damit werden sie der Kundschaft nicht nur eine Entscheidungshilfe beim Buchen liefern, sondern auch klar signalisieren, dass Sex mit Kindern ein Verbrechen ist, das nicht länger geduldet wird.
Auf der Internationalen Tourismusbörse Berlin vom 11. bis 15 März 2000 will ECPAT Deutschland mit einer speziellen Aktion und hochkarätigen Veranstaltungen das Messepublikum und die Tourismusindustrie auf den neuen „Certified Code of Conduct“ und andere Massnahmen wie Selbstverpflichtungen für die Reisenden aufmerksam machen. Die Sensibilisierungsaktion stützt sich auch auf die Ausstellung über Kinderarbeit des Arbeitskreises Tourismus & Entwicklung ab und wird zudem in enger Zusammenarbeit mit den tourismuskritischen Organisationen Tourism Watch, Stuttgart, und FernWeh, Freiburg i. Br., sowie mit Respect, Wien, durchgeführt. /plus