Konservative Zwängerei blockiert Konzernverantwortung im Parlament
Die Aussenpolitische Kommission forderte in ihrer Motion die gesetzliche Verankerung von Sorgfaltsprüfungspflichten bezüglich Menschenrechten und Umwelt für Unternehmen. Der auf Prävention ausgerichtete Vorschlag fand breite Unterstützung aus Wirtschaft und Politik. So begann die heutige Nationalratsdebatte vielversprechend: Nach einer sorgfältigen Diskussion über dieses wichtige Thema wurde die Motion mit 91:90 Stimmen, mit Stichentscheid des Präsidenten angenommen. Während knapp eineinhalb Stunden war die Schweiz Vorreiterin in Sachen verantwortungsvoller Wirtschaft.
Trotz breiter Allianz folgte anschliessend die Kehrtwende. Die rechte Ratshälfte und die konservative Wirtschaftslobby (Economiesuisse, Swissholdings) rauften sich zusammen, was in einem Rückkommensantrag aus CVP-Reihen gipfelte. Kurz vor Ende der Sitzung, um 18:47 Uhr wurde darüber abgestimmt – und das Resultat war plötzlich umgekehrt: 95 Nein zu 86 Ja.
Der heutige, extrem knappe Nationalratsentscheid gegen mehr Konzernverantwortung zeigt zweierlei: Eine bedeutende Minderheit des Parlaments ist der Meinung, dass eine zukunftsfähige Schweiz ihre Konzerne stärker in die Pflicht nehmen muss. Gleichzeitig setzen sich die konservativen Kräfte, die sich nicht um den internationalen Trend hin zu verantwortungsvollen Unternehmen scheren, immer noch durch. Die Blockade in dieser zentralen Frage bei der Umsetzung der Uno-Leitprinzipen für Wirtschaft und Menschenrechte macht klar: Ohne grösseren Druck wird sich hier in der Schweiz nichts bewegen.
Deshalb haben Anfang Jahr über 60 Nichtregierungsorganisationen gemeinsam die Lancierung der Konzernverantwortungsinitiative beschlossen. Die Volksinitiative ist nötiger denn je – und sie hat gute Chancen auf breite Unterstützung. Ende April wird sie der Öffentlichkeit vorgestellt.