Am 3. Oktober 2000 hat die Kommission der Europäischen Union entschieden, dass die Lokalregierung Sardiniens nicht berechtigt ist, das umstrittene Tourismusprojekt im Natur-schutzgebiet „Is Arenas“ zu bewilligen, bevor sie eine umfassende Umweltverträglichkeits-prüfung (UVP) des gesamten Projektes durchgeführt hat. Dieser Entscheid steht im Zusammenhang mit dem Untersuchungsverfahren, welches die EU-Kommission im April 2000 eingeleitet hatte, um zu überprüfen, ob der Mitgliedstaat Italien sowie die sardische Lokalregierung die Umweltgesetze der EU respektierten (vgl. KUNA 3/2000). Damit sind die Pläne der sardischen Regionalregierung durchkreuzt worden, die beabsichtigte, das Megapro-jekt in mehrere Teilprojekte zu unterteilen, die – einzeln betrachtet – die Gesetze allenfalls einhalten würden. Gianluca Solera – Fraktionssprecher der Grünen Partei in Brüssel – bezweifelt, dass die Regionalregierung eine seriöse UVP durchführen wird. Sie sei dominiert von der Partei Berlusconis, die auf Sardinien die Mehrzahl der Immobiliengeschäfte verwalte. Wie auch immer die UVP ausfallen wird, für Solera ist klar, dass ein Feriendorf für 6’000 TouristInnen samt Zubringerstrassen sowie Golf- und Sportanlagen in einem Gebiet, das auf der Liste der wichtigsten Naturschutzgebiete der EU „Natura 2000“ figuriert, nie gebaut werden darf. Da aber „Natura 2000“ aufgrund von Verzögerungen in anderen EU-Mitgliedstaaten noch nicht in Kraft gesetzt worden ist, bleibt das Naturschutzgebiet bedroht.
Die Baulobby der Insel versucht, das Megaprojekt so schnell wie möglich durchzudrücken. Die Gemeinde Narbolia, auf deren Land sich das Dünengebiet befindet, ist gegen das Tourismusprojekt. Doch der Druck sei enorm, erklärt der grüne Politiker und Leiter des internationalen Komitees für die Rettung von „Is Arenas“ Andrea Atzori, der vor wenigen Tagen erneut Opfer eines Anschlages geworden ist. Die grüne Partei hat nun im italienischen Senat ein Anfrage eingereicht, wie der Senat – angesichts der Angriffe auf UmweltschützerInnen und EinwohnerInnen von Narbolia – die Einhaltung der demokratischen Rechte in der Provinz Oristano zu garantieren gedenke. Dies ist eine Reaktion auf die neusten Einschüchterungsversuche, die erfolgten, als Virginio Bettini – Professor der Universität von Sassari – am 28. September an einer öffentlichen Veranstaltung in Narbolia seine Studie präsentierte, welche die unhaltbaren ökologischen Folgen des Tourismusprojektes aufzeigt.
Hinter dem 320 Millionen Franken teuren Projekt stehen finanzkräftige Geldgeber, dessen Spuren – gut getarnt durch Briefkastenfirmen – in die Schweiz führen: zum Tessiner Treuhänder Diego Lissi und der „Banca della Svizzera Italiana“ (BSI) in Lugano. Ob denn das bereits angeschlagene Image des Kantons nicht noch weiter gefährdet werde, wenn Tessiner Geldgeber Immobiliengeschäfte finanzieren, welche die Gesetze Italiens und der EU verletzen, wollte die grüne Kantonsrätin Eva Feistmann in einer Anfrage vom 19. September von der Tessiner Regierung wissen. Noch wartet sie auf eine Antwort. /frei

Quellen: Anfrage von Giorgio Sarto an den italienischen Senat, 4.10.2000; Antwort der EU-Kommission, 3.10.2000; Anfrage an die Tessiner Regierung von Eva Feistmann, 19.9.2000; Wochenzeitung vom 6.7.2000; Informationen von Gianluca Solera und Andrea Atzori.