Fair unterwegs wurde 1977 gegründet. Welche Entwicklungen haben Sie in den zurückliegenden Jahrzehnten erlebt?

Der Tourismus ist in den letzten Jahren extrem schnell gewachsen. Gleichzeitig sind Organisationen, die Tourismus kritisch begleiten, nach wie vor eher schlecht aufgestellt. Es wird viel über Nachhaltigkeit beim Reisen gesprochen, aber es wird noch viel zu wenig umgesetzt.

Hat sich das Bewusstsein der Touristen hinsichtlich ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit in den letzten Jahren geändert?

Reisende sind bei dem Thema in den vergangenen Jahren wesentlich sensibler geworden. Laut Umfragen würden heute rund 60 Prozent der Deutschen gerne nachhaltig reisen, aber nur rund zwei Prozent setzen bislang ihre gute Absicht auch um.

Spielt das Thema Korruption für Reisende und für die Branche heute eine Rolle?

Das Thema spielt eine grosse Rolle im Tourismus. Aber es gibt hierzu wenig greifbare Fakten und solide Recherchen. Wenn sich ein Unternehmen zu Nachhaltigkeit und Menschenrechten bekennt, gehört für uns auch ein Passus dazu, der illegale Praktiken und Korruption ausschliesst. Gerade Unternehmen, die in fragilen Staaten arbeiten, stehen ganz besonders in der Verantwortung, hier ihrer Sorgfaltspflicht nachzukommen.

Wie reagieren Reiseunternehmen und Hotelketten auf die Nachfrage nach nachhaltigem Tourismus?

Unternehmen können sich – gerade wenn sie international agieren – heute gar nicht mehr erlauben, kein Nachhaltigkeitskonzept zu haben. Es gibt inzwischen viele Unternehmen, die sich auf Nachhaltigkeit verpflichten und Leitsätze etablieren. Aber die Orientierung für Reisende ist weiterhin schwer. Denn was diese Konzepte beinhalten, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich und wird den Kunden gegenüber meist zu wenig klar kommuniziert. Hier wäre eine transparente Berichtspflicht sehr wichtig. Das ist eine politische Aufgabe, und die Branche steht in der Verantwortung ihre Angebote auszuweisen.

Beim Thema mangelnde ökologische und soziale Sorgfalt in der Tourismusbranche denken viele zuerst an Entwicklungsländer. Aber das sind sicher nicht die einzigen Problemfälle.

Prekäre Arbeitsbedingungen sind auch im Tourismus in den Industrieländern an der Tagesordnung. Die britische Gewerkschaft Unite kämpft gerade dagegen, dass in Londoner Hotels Angestellte ausgebeutet werden. In den Panama Papers hat man zahlreiche Tourismusfirmen gefunden, die Steuerschlupflöcher nutzen oder Steuern hinterziehen. Leider ist das bisher wenig untersucht und schwierig zu verfolgen. Es gibt eine ganze Bandbreite von mehr oder weniger legalen Steuervermeidungstricks, Ausnutzung von Steueranreizen oder Wege, um Vorschriften zu umgehen. Sie sind im Tourismus verbreitet, sowohl bei uns, als auch in fragilen Staaten. Aber dort können Unternehmen die Schlupflöcher viel intensiver nutzen.

Wo sehen Sie die Herausforderungen für nachhaltigen Tourismus in den kommenden Jahren?

Die UN hat 2017 zum internationalen Jahr des nachhaltigen Tourismus für Entwicklung ausgerufen. Das ist eine grosse Chance, die dringend nötige Trendwende zur Nachhaltigkeit im Tourismus einzuleiten. Die Politik muss klare Leitlinien dafür setzen. Unternehmen sind gefordert, mehr Verantwortung für Nachhaltigkeit und Menschenrechte zu übernehmen. Aber auch Reisende müssen umdenken: Wie können wir reisen, ohne das Klima weiter anzuheizen und kostbare Ressourcen zu verschleissen? Wie können wir dazu beitragen, dass die Rechte unserer Gastgeber respektiert werden und sie fair am Tourismus teilhaben?

Scheinwerfer: Nachhaltiger Tourismus, Klimaschutz und KorruptionDieser Beitrag erschien im "Scheinwerfer" – dem Magazin von Transparency International Deutschland e.V. "Die Koalition gegen Korruption" – Nr. 74 vom Februar 2017 und erscheint hier mit freundlicher Genehmigung. Der Themenschwerpunkt der Scheinwerfer-Ausgab vom Februar behandelt das Thema: Nachhaltiger Tourismus und Klimaschutz. Tourismus soll nachhaltiger werden, das will die UN – Korruption hemmt die Entwicklung, ebenso wie den Klimaschutz. Lesen Sie  darin weitere spannende Beiträge etwa von Antje Monshausen (Tourism Watch) oder über Corrupt Tour Prag.

Scheinwerfer: Nachhaltiger Tourismus, Klimaschutz und KorruptionDieser Beitrag erschien im "Scheinwerfer" – dem Magazin von Transparency International Deutschland e.V. "Die Koalition gegen Korruption" – Nr. 74 vom Februar 2017 und erscheint hier mit freundlicher Genehmigung. Der Themenschwerpunkt der Scheinwerfer-Ausgab vom Februar behandelt das Thema: Nachhaltiger Tourismus und Klimaschutz. Tourismus soll nachhaltiger werden, das will die UN – Korruption hemmt die Entwicklung, ebenso wie den Klimaschutz. Lesen Sie  darin weitere spannende Beiträge etwa von Antje Monshausen (Tourism Watch) oder über Corrupt Tour Prag.