Akureyri: Pro Einwohner*in 15 Passagiere

Akureyri ist mit 18.000 Einwohnern die viertgrösste Stadt Islands. Sie liegt etwa 50 Kilometer unterhalb des Polarkreises am Ende des Eyjafjörður und eine beliebte Destination für Kreuzfahrten. In den Sommermonaten, zwischen April und September, liegen häufig zwei oder drei Schiffe gleichzeitig an den Piers, die durch die unmittelbare Nähe zum Zentrum, ein unübersehbarer Teil des Stadtbildes werden. Für die Saison 2024 sind aktuell 198 Ankünfte mit 74 Schiffen eingebucht (Port of Akureyri, 2024), das Grösste davon hat 3660 Passagiere. Bei Vollbesatzung kommen so auf die 18.000 Einwohner*innen in der Hauptreisezeit weitere 262.671 Passagiere (11899 durch MSC und Viking, Port of Akureyri) und 114.645 Crewmitglieder.

Wie  sieht das Verhältnis zwischen Kreuzfahrttourismus und der Bevölkerung Akureryis aus? Und welches Bewusstsein hat sie über die Auswirkungen der Industrie? Das hat Jon Fridriksson in seiner Studie «Cruise Tourism in Akureyri: Research in Resident Attitude and Awareness of Cruise Tourism Impacts» untersucht.

Deutlich wird in der Studie der fehlende Dialog mit den Interessensgruppen. Themen wie Umweltverschmutzung werden zwar mit Kreuzfahrtschiffen in Verbindung gebracht, fast alle Studienteilnehmer*innen geben aber an, dass sie nicht genug Informationen hatten, um sich eine fundierte Meinung über die Branche und ihre Auswirkungen bilden zu können.

So kennen die Leute die gesundheitliche Folgen der Emissionen von Kreuzschiffen nicht, obwohl nachgewiesen ist, dass sich deren Luftverschmutzung auf die Gesundheit der Bewohner*innen auswirken kann und zu mehr Krankenhauseinweisungen führen. Ein Studienteilnehmer drückt das so aus:

«Es fehlt an Informationen. Zum Beispiel teilen die Menschen in den sozialen Medien Fotos von Kreuzfahrtschiffen, die schwarzen Rauch ausstossen. Sie müssen Informationen über die Verschmutzung durch diese Schiffe erhalten. Wie stark ist die Verschmutzung, während die Schiffe vor Anker liegen? Beeinträchtigt sie unsere Luftqualität?»

Viele Teilnehmer*innen erwähnen  den positiven, wirtschaftlichen Nutzen, einige relativieren diesen allerdings, wie man in der Studie nachlesen kann: «Man könnte sagen, dass die Kreuzfahrtschiffe nur begrenzte Auswirkungen haben. Es gibt Einnahmen für die Hafenbehörden, Einnahmen, die einen großen Unterschied machen. Es gibt auch höhere Einnahmen für die Reisebusunternehmen und die Reiseleiter. Aber abgesehen davon gibt es meiner Meinung nach nicht viel mehr.» Oder an anderer Stelle etwa: «Nicht für die Stadt oder die Einwohner.»

Diese Wahrnehmung wird von Huijbens und Gunnarsson (2014) bestätigt, die feststellten, dass in Akureyri der wirtschaftliche Gewinn vor allem bei den Hafenbehörden anfällt und bei Unternehmen, die die Schiffe und die Besucher*innen bei ihrer Ankunft direkt bedienen.

Allgemein änderte sich die Einstellung der weniger informierten Menschen in der Studie fast immer von einer positiven oder neutralen zu einer negativen Haltung, wenn man ihnen Fakten (positive und negative) über die Kreuzfahrtindustrie vorlegte. Das Ergebnis verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Stakeholdern zu verbessern und die Lokalbevölkerung verstärkt zu informieren und in die Entscheidungsprozesse miteinzubeziehen.