Kuoni publiziert seine zweite menschenrechtliche Wirkungsanalyse für die Destination Indien.
Basel, 02.06.2014, akte/ Der systematische Menschenrechts-Ansatz von Kuoni basiert auf den im Jahr 2011 vom UN-Menschenrechtsrat verabschiedeten Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Diese fordern die Unternehmen auf, die eigenen Auswirkungen auf die Menschenrechte zu analysieren (Impact Assessment) und entsprechend wirkungsvolle Milderungs- und Verbesserungsmassnahmen zu treffen. Bereits der erste, im November 2012 veröffentlichte Bericht legte transparent dar, wie Kuoni das Wirkungsanalyseverfahren entwickelte, von der Literaturrecherche über die Interviews mit den Anspruchsgruppen vor Ort und das Einholen von Stellungnahmen externer Partner. Die Erfahrungen und "lessons learnt", aber auch die kritischen Feedbacks von Stakeholdern flossen in das Vorgehen in Indien ein.
Benachteiligung von Frauen
So macht der Gender-Ansatz deutlich, wie Frauen gegenüber ihren männlichen Arbeitskollegen im Tourismus benachteiligt werden, wo arbeitsrechtliche und Förderungsmassnahmen in der Tourismuswirtschaft ansetzen, wo aber auch weiterführende Massnahmen getroffen werden müssen, um Frauen vor Gewalt zu schützen und in ihrer sozialen Stellung zu "empowern". In ihrem Kommentar zum HRIA-Report empfiehlt Tricia Barnett von "Equality in Tourism" – einem internationalen Frauennetzwerk, das sich für die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen im Tourismus einsetzt – künftig noch stärker mit Frauenorganisationen zusammenzuarbeiten und das Assessment-Team vorgängig auf Genderfragen im Tourismus zu sensibilisieren.
Befragung von Kindern
Besonderes Augenmerk galt in der Stakeholderbefragung der Situation von Kindern in touristischen Gebieten; mit Hilfe von Kinderrechtsorganisationen wurden auch direkt Kinder befragt. Selbst wenn in Partnerbetrieben von Kuoni keine Minderjährigen beschäftigt und Kinder vor sexueller Ausbeutung geschützt werden, hält der Bericht doch klar fest, dass die Situation von Kindern in der gesamten touristischen Wertschöpfungskette, gerade auch in ausgelagerten Betrieben wie Wäschereien oder in Souvenirherstellung und -verkauf besser analysiert und der Code zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung im Tourismus breiter bekannt gemacht und umgesetzt werden müsse. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF lobt die Ausarbeitung eines geeigneten Fragebogens für Kinder. Kinder im Rahmen eines HRIA richtig einzubeziehen sei aber eine heikle Aufgabe. Deshalb sei UNICEF dabei, einen Leitfaden zu erarbeiten, der darüber orientiert, in welchen Fällen Kinderbefragungen bei menschenrechtlichen Wirkungsanalyen wichtg sind und wie sie korrekt ablaufen sollen.
Menschenrechtsfolgen des Backwater-Tourismus auf die lokalen Gemeindschaften
Nicht unerwartet, aber nicht weniger alarmierend sind die Ergebnisse des HRIA-Berichts über die weitreichenden Auswirkungen des Tourismus auf lokale Gemeinschaften insbesondere in den Backwaters von Kerala. Klar schafft der Tourismus neue Jobs und Infrastrukturen, doch der riesige Zuwachs von Hausbooten und der Bauboom von Hotels in den Backwaters und an der Küste haben gravierende Folgen für die Umwelt, die Wasserqualität in den Backwaters und damit die Lebensgrundlagen und Lebensqualität (Privatsphäre) der AnwohnerInnen, während ihre Lebenshaltungskosten laufend steigen. Der Bericht legt offen, dass die Arbeitsbedingungen auf den oft ohne Zulassung operierenden Hausbooten ungenügend sind und es kaum Ausbildungsprogramme für eine Qualifizierung gibt. Zudem haben die Fischer und Bäuerinnen kaum Möglichkeiten, touristische Betriebe zu beliefern.
Entwicklung von Best-Practice für Hausboote
Da will Kuoni als ein Resultat des Assessments auch ansetzen: "best practice" für die Hausboote entwickeln und zugleich nachhaltige, möglichst Fairtrade Standards entsprechende Produkte und deren Belieferung in touristische Betriebe fördern. Das weist den Weg, um dem Ausschluss der lokalen Gemeinschaften entgegenzuwirken und ihre Rechte auf Entwicklung und Gesundheit zu wahren. Doch ist die Aufgabe beachtlich, denn heute müssen AnwohnerInnen bereits Fisch und zum Teil landwirtschaftliche Produkte teuer importiert aus indischen Nachbarstaaten kaufen, weil die Fische aus den Backwaters nach Kerosin schmecken und das Gemüse durch die Bewässerung aus den Backwaters ungeniessbar wird.
Sivaraj Thekkayil and Corinne Karlaganis, die LeiterInnen der lokalen NGO Uravu Eco Links begrüssen die Initiative und wünschen sich, das Kuoni und dessen Tochtergesellschaft Sita dafür mit den verschiedenen Stakeholdern zusammenarbeitet: Den Bootsbesitzer-Verbänden, den Gewerkschaften, dem Tourismusdepartement, aber auch den betroffenen Fischerfamilien, MuschelsammlerInnen und politischen Akteuren auf der lokalen Ebenen (Panchayats/Gemeindeversammlungen). Ausserdem soll der Konzern seinen Einfluss auf die Regierung geltend machen, damit diese bestehende Regulierungen durchsetzt und auch die Infrastrukturen für die Abfall- und Abwasseraufbereitung bereitstellt.
Menschenrechtsverletzungen: Mehr als bloss ein Geschäftsrisiko
Kuoni hat bewusst über die Befragung externer Stakeholder die eigene Wirkungsanalyse mit einer Aussensicht ergänzt. Die beigezogenen NGOs und Institutionen bewerteten die HRIA von Kuoni durchwegs als vorbildlich. Sie lobten die sorgfältige Planung und umsichtige Durchführung durch den Konzern und besonders auch durch die Tochtergesellschaft Sita in Indien. Mitarbeitende von Sita wurden spezifisch auf Menschenrechte geschult und das gesamte Team wurde in die Erstellung des Berichts einbezogen. Sita hat einen Focal Point für Menschenrechte eingerichtet, der jetzt die Umsetzung der Ergebnisse aus dem Bericht angehen kann und auch eine Anlaufsstelle für Beschwerden von Arbeitnehmenden und Benachteiligten aus Communities bildet. Zudem verfügt Kuoni mit dem betriebseigenen Supplier Code of Conduct, den alle Partner unterzeichnen, betriebsintern über ein wirksames Instrument, um arbeits- und menschenrechtliche Missstände im engeren eigenen Einflussbereich wirksam zu beheben. Das sind ganz wegweisend die Voraussetzungen dafür, wie menschenrechtliche Sorgfaltspflicht von einem Unternehmen auch ernsthaft wahrgenommen werden kann. Allerdings warnt das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte davor, Menschenrechtsrisiken nur im Hinblick auf das damit verbundene Geschäftsrisiko zu sehen. Viele der im Bericht genannten Herausforderungen – wie die Arbeitsrechtsverletzungen entlang der Wertschöpfungskette – würden nur selten den Ruf und das Geschäftsergebnis von Kuoni beeinflussen, weil dafür bei den Gästen das Bewusstsein noch zu gering sei. Trotzdem seien Verbesserungen sehr wichtig, weil sie für die Betroffenen besonders schwer wiegen.
Kuoni lädt Interessierte ein, den HRIA-Bericht zu Indien zu lesen und Feedback zu geben.