Sherpa Youth on the Modernity Trail

Kein anderes Volk Nepals hat soviel Aufmerksamkeit der Ethnologen erhalten, wie die Sherpas, die seit der Besteigung des Mount Everest die kühnen, tapferen Träger schlechthin verkörpern, welche einer Himalaya-Expedition erst zum Erfolg verhelfen und jedem Nepalreisenden zu seiner spirituellen Begegnung mit der traditionellen, vom Buddhismus geprägten Gastfreundschaft der einheimischen Bergler. Kaum untersucht worden, ist bislang jedoch der Einfluss des Tourismus auf die jugendlichen Sherpas, hält Kurt Luger, Professor für interkulturelle Kommunikation an der Universität Salzburg und Vorsitzender der Organisation Öko-Himal mit Sitz in Salzburg und Kathmandu, im Vorwort zu seiner neuen Publikation fest. Die Mythenbildung rund um das Volk der Sherpas mag Anteil an diesem "blinden Fleck" der Wissenschaft haben, doch sind generell noch kaum Untersuchungen über die Auswirkungen des Fremdenverkehrs auf die Jugend in Tourismusgebieten geführt worden. Umso grösser das Verdienst des interkulturellen Studienteams unter der Leitung von Kurt Luger, das sorgfältig aus Gesprächen, Beobachtungen und Gruppendiskussionen die Alltagserfahrungen von jugendlichen Sherpas aus der Region Khumbu nachzeichnet. Bekannt als das Dach der Welt mit dem Mount Everest als höchsten Berg der Welt ist die Region Solu-Khumbu eines der herausragenden Tourismusgebiete Nepals. 18’000 Trekkingtouristen besuchten den 1998 den Sagarmatha (Mount Everest) National Park; und dieser seit den sechziger Jahren stetig zunehmende Tourismus hat der mehrheitlich von Sherpas bewohnten Khumbu-Region einen gewissen Wohlstand, einen willkomenen Zusatzverdienst zur kargen Landwirtschaft und eine Öffnung nach der Hauptstadt Kathmandu oder gar ins Ausland gebracht. Besonders für die männlichen Jugendlichen bringt der Tourismus klar attraktive neue Möglichkeiten, eine grössere Mobilität, bessere Ausbildungschancen, wenn auch die Karriereperspektiven für viele bloss im Tourismus Angestellte beschränkt bleiben. Mädchen und junge Frauen geniessen dagegen viel weniger die Vorteile, insbesondere der Mobilität. Die mittlerweile hohe Abhängigkeit vom Tourismus beschert aber allen Jugendlichen auch ein hohes Mass an Ungewissheit, kulturelle, religiöse und familiäre Werte sind in Frage gestellt, die Spannungen dieses Umbruchs drücken sich nicht selten in Fluchthaltungen, Alkoholexzessen oder offener Opposition der Jugendlichen aus. Ganz ähnliche Haltungen stellt der Autor Kurt Luger in einer Untersuchung über Jugendliche aus Tourismusorten im österreichischen Pinzgau fest. Sicher lassen sich die Ausgangsbedingungen von Sherpa-Jugendlichen nicht mit denjenigen von jungen Leuten aus den Österreicher Alpen vergleichen, und so wäre es vermessen, allzu viele Parallelen aus den beiden Untersuchungen ableiten zu wollen. Dennoch – wir wünschen uns, dass künftig mehr solch umsichtige Untersuchungen über die Erfahrungen von Jugendlichen im Umgang mit Tourismus geführt werden, auch in den Schweizer Alpen, damit wir – Forschende und Reisende – mehr wissen und besser verstehen, wie die jungen Menschen den Tourismus aus ihrer Perspektive erleben.

Eco Himal, Mandala Book Point Kathmandu 2000, 128 Seiten, öS 268.-, ISBN 99933-10-06-9
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Öko Himal, Hofhaymer Allee 11/17, A-5020 Salzburg, Tel +43 662 829492, Fax +43 662 829492 – 22, e-mail: office@ecohimal.or.at