Le Monde diplomatique: Atlas der Globalisierung
Basel, 01.01.2010, akte/ Der neue "Atlas der Globalisierung" liegt auf. Mit frischen Zahlen, übersichtlichen Grafiken und verdichteten Texten widmet er sich sechs Themenfeldern: Die Kapitel "Neue Weltkunde", "Kapitalismus in der Krise", "Die Zukunft der Energie", "Viele Hauptstädte, viele Ansichten", "Kompliziertes Afrika" und "Ungelöste Konflikte" erlauben Einblicke in Themen, die man in der Zeitung oft genug überblättert. Der Atlas überschüttet die Lesenden nicht nur mit neuen Informationen, sondern bettet die Fakten in gut lesbare, komprimierte Analysen ein. Dadurch wird das aktuelle Produkt von "Le Monde diplomatique" zur erhellenden Lektüre einerseits und erleichtert das Verständnis der täglichen Zeitungslektüre andererseits.
Es ist die grosse Stärke des "Atlas der Globalisierung", Zusammenhänge und Konsequenzen aufzuzeigen. Nicht zu unterschätzen sind etwa die Folgen der in den Industriestaaten verursachten Finanzkrise auf die Entwicklungs- und Schwellenländer: Seit dem "Credit Crunch" gehen die Geldüberweisungen von MigrantInnen in ihre Herkunftsländer zurück. Bedenkt man, dass diese Rücküberweisungen bisher mit 320 Milliarden Dollar die weltweite Entwicklungshilfe noch überstiegen, erhält die Krise eine weitere Dimension.
Andere Karten zeigen auf einen Blick die Diskrepanz zwischen den grössten Waffenhändlern der Welt und den Ländern, in denen Minen und Blindgänger das Leben der Bevölkerung bedrohen: Die Waffen produzierenden und exportierenden Nato-Länder dominieren das Angebot.
Doch der Atlas kritisiert nicht nur, sondern verknüpft mit den Analysen auch Forderungen: Weil der Süden Exportkulturen anbaut, die er aufgrund von Landwirtschaftssubventionen in Europa zu Schleuderpreisen verkaufen muss, fordern die Autoren den Norden dazu auf, weniger Milch und Fleisch zu konsumieren. Und Migrantionsbewegungen beispielsweise sollten nicht verhindert, sondern begleitet und gesteuert werden.
Keine Frage, der Atlas der Globalisierung ist ein nützliches Instrument. Die Vermutung liegt jedoch nahe, dass sich vor allem jene für seine Aussagen interessieren, die ohnehin wissen, dass es so nicht weitergehen kann. Es ist der Publikation zu wünschen, dass sich all jene damit auseinandersetzen, die die Wirtschaftsseiten in der Zeitung bisher grosszügig überblättert haben. Denn wie eine Autorin anmerkt: Das Desinteresse für Wirtschaftspolitik und die Zusammenhänge internationaler Finanzpolitik rächt sich.
Le Monde diplomatique: Atlas der Globalisierung, Le Monde diplomatique/TAZ-Verlags- und Vertriebsgesellschaft, Berlin 2009, 216 Seiten, CHF 23.50, Euro 13.-, ISBN 978-3-937683-24-9
Die gebundene Luxusausgabe kommt mit beigelegter Weltkarte und CD-ROM für Windows, Mac und Linux, CHF 41.90, Euro 23.-, ISBN 978-3-937683-25-6