Der kommerzielle Surftourismus hat sich von Mittelamerika bis Indonesien und darüber hinaus zu einer "Multi-Milliarden-Dollar-Industrie" entwickelt und hunderte Küstengemeinden in Entwicklungsländern sind von den Einnahmen aus dem Surftourismus abhängig. Allein in Costa Rica machen die Surftouristen ein Viertel der zwei Millionen Besucher des Landes aus und tragen jährlich etwa 800 Millionen US-Dollar zum nationalen BIP bei (Ruttenberg, 2019).

Eine Welle überrollt die Gemeinden

Dabei erzeugt der Surftourismus nicht nur positive Effekte wie etwa wirtschaftliches Wachstum, sondern die wohlhabenden Surftouristen aus dem Norden verändern die Küstengemeinden im Globalen Süden, die mit "Eins-a-Surfbreaks" gesegnet sind, auch im negativen Sinne (O´Brien & Ponting, 2013). Zu den negativen Folgen dieser Entwicklung zählen unter anderem überhöhte Grundstückpreise, steigende Kriminalität, Prostitution und Umweltzerstörung (Usher & Gómez, 2016). Ausserdem führt der Surftourismus häufig zur Vertreibung und sozialen Ausgrenzung der Einheimischen sowie zur  Anpassung der Gastgebergesellschaft an die Besucherkulturen (Ruttenberg & Brosius, 2017).

Wie in tausenden anderen Surfergemeinden weltweit, verändert der Surftourismus auch zahlreiche Kommunen in Costa Rica. Die Küstengemeinde "Hermosa-Manzanillo", die südwestlich an der Spitze der Nicoya-Halbinsel angesiedelt ist, befindet sich zwar im Vergleich zu den boomenden Surfhotspots "Jacó" oder dem benachbarten "Santa Teresa" noch in einem frühen Stadium der Entwicklung, dennoch droht der Surftourismus auch dort nach und nach die natürliche Landschaft sowie die soziokulturellen Strukturen der lokalen Bevölkerung grundlegend zu verändern. Vor diesem Hintergrund entwickelte die ortsansässige "Tarantula-Surf-Community" ein Projekt, das den negativen Auswirkungen des Surftourismus entgegenwirken sollte.

SUSPIRO: Sustainable Surf Tourism Solutions for Costal Communities  

Die Initiative, die sich für die Förderung des Nachhaltigen Surftourismus in Küstengemeinden einsetzt, verfolgte mit der Initiierung ihres Pilotprojekts "SUSPIRO: Sustainable Surf Tourism Solutions for Costal Communities" im Jahr 2019 das Ziel, die Lebensqualität der einheimischen Bevölkerung zu verbessern, die lokale Wirtschaft zu stärken, die Kultur und Umwelt zu schützen und neokoloniale Machtstrukturen einzudämmen. Das Projekt gründete dabei nicht auf dem klassischen Top-Down-Ansatz, bei dem Tourismusprojekte von Regierungen ohne Mitsprache und Einwilligung der lokalen Bevölkerung den einheimischen Gemeinden auferlegt werden, sondern auf einem partizipatorischen Bottom-Up-Ansatz. Dies bedeutet, dass die lokale Bevölkerung in allen Projektphasen – von der Konzeption bis hin zur Umsetzung der Idee – aktiv in die Projektgestaltung miteingebunden wird, so dass sie die Tourismusentwicklung in der Gemeinde im Einklang mit ihren eigenen Visionen, Wünschen und ihrem soziokulturellen Lebensstil vorantreiben kann. Durch die Partizipation bleiben die Vorteile des Tourismus in der Kommune und die lokale Bevölkerung wird in ihrer Autonomie gestärkt. 

Projektziele nur bedingt erreicht

Auch wenn nachhaltige Tourismusprojekte in der heutigen Zeit immer mehr an Bedeutung gewinnen, erweist sich die erfolgreiche Umsetzung in der Praxis häufig als schwierig (Trupp, 2017). Das liegt daran, dass die Implementierung bzw. Aufrechterhaltung der Projekte häufig mit zahlreichen Problemen verbunden ist. Diese Erfahrung musste auch die Tarantula-Surf- Community machen, die ihre angestrebten Projektziele nur bedingt erreichen konnte. Gründe dafür waren bestehende Konflikte zwischen verschiedenen Initiativen, die sich für eine nachhaltige Entwicklung in der Gemeinde einsetzen, sowie mangelnder Zusammenhalt zwischen den Communitymitgliedern. Viele Locals hatten einerseits unterschiedliche Wünsche und Visionen für ihre Surfergemeinde, was die Konzeption eines einheitlichen Strategieplans und die Verfolgung gemeinsamer Ziele unmöglich machte. Anderen hingegen fehlte generell das Bewusstsein für das Thema Nachhaltigkeit. Für sie spielte die nachhaltige Entwicklung der Surfergemeinde und der Schutz der Umwelt eine untergeordnete Rolle. Letzteren fehlte darüber hinaus häufig das Vertrauen in Projekte, die in Verbindung mit Nachhaltigkeit stehen. Sie betrachteten die negativen Seiten des Surftourismus und die Überentwicklung der Communities als normal und unvermeidbar. Für sie standen vor allem die wirtschaftlichen Interessen im Vordergrund. Bis eine nachhaltige Zukunft für die Community Hermosa-Manzanillo also geschaffen werden kann, ist es noch ein langer Weg. Voraussetzung ist, dass sich die Community mit den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung identifizieren will und die negativen Auswirkungen des Surftourismus auf Umwelt und soziale Strukturen anerkennt und verändern möchte.   

Über die AutorinSabrina Rau, Surferin und Bachelorabsolventin im Nachhaltigen Tourismus, war Trainee im Pilotprojekt SUSPIRO und hat an einer Studie dazu mitgearbeitet.   

Literaturverzeichnis

O’Brien, D., & Ponting, J. (2013). Sustainable Surf Tourism: A Community Centered Approach in Papua New Guinea. Journal of Sport Management. 27,158–172. 

Ruttenberg, T. & Brosius P. (2017). Decolonizing Sustainable Surf Tourism. In D. Z., Hough-Snee & A. S., Eastman (Hrsg.), The Critical Surf Studies Reader (109-132). o.O. Duke University Press.

Ruttenberg, T. (2019). Project Summary. Santa Tersa: Unveröffentliches Manuskript.  

Trupp, A. (2017). Nachhaltiger Tourismus als Hoffnungsträger. Weltnachrichten. 2017(1), 5-7. Abgerufen von https://repository.usp.ac.fj/10787/.

Usher, L. E., & Gómez, E. (2016). Surf Localism in Costa Rica: Exploring Territoriality among Costa Rican und Foreign Resident Surfers. Journal of Sport & Tourism.  20 (3-4), 195-216.

Empfehlungen für Hermosa-Manzanillo

Restaurants

Atardecer Dorado, Manzanillo 

Couleur Café, Playa Hermosa  

Übernachtungsmöglichkeiten & Surfschule  

Take Off Surf School & Lodge, Playa Hermosa 

La Puente Surf School, Playa Hermosa