Der beinahe märchenhafte Film des israelischen Kultregisseur Etgar Keret spielt in Tel-Aviv, Israel. Ab 1.11 in den Schweizer Kinos

Hier trennt sich ein Liebespaar, dort heiratet eines. So spielt das Leben. Der israelische Kultautor Etgar Keret (Gaza Blues) und Shira Geffen erzählen uns mit einer halluzinierenden Mischung aus Humor und Melancholie von der Gelegenheitsserviererin Batya, die am Meer ein kleines Mädchen findet und mit ihm der eigenen Kindheit wieder begegnet. Sie erzählen von Keren, die am Hochzeitstag das Bein bricht und den Honeymoon im Hotelzimmer daheim verbringen muss, und von Joy, einer Philippinin, die sich als Haushaltshilfe anstellen lässt. Drei Frauen, die Kindheit und das Leben prägen diesen schwebend leicht gestalteten Spielfilm, der in Cannes als bester Erstling gefeiert und ausgezeichnet wurde. Zurecht. "Les méduses" ist ein sanfter Film, der wie eine erfrischende Brise vom Meeresstrand wirkt.
Das Kind aus dem Meer
Die Figuren in der Welt von Etgar Keret und Shira Geffen sind da, aber sie wissen nicht so recht, was sie mit diesem da Sein anfangen sollen. Irgendwie hat es sie in dieses Leben verschlagen, irgendwie schlagen sie sich durch. Es ist die Unaufgeregtheit der Erzählung, die packt, denn dank ihr kommen die Figuren und ihr zurückhaltend ausdrucksstarkes Spiel zum Tragen: Diese Gesichter, diese Melancholie und all der verborgene Humor in den Kleinigkeiten des Geschehens.

Auf den ersten Blick sieht alles ganz einfach aus, so wie die Kurzgeschichten, die Etgar Keret schreibt und für die er weit über seine Heimat hinaus bekannt ist. Er geht in ihnen mit atemberaubender Direktheit zur Sache und lässt gleichzeitig diese leichten Verschiebungen vom Gewohnten hin zum Absurden zu, die uns schmunzeln lassen. Darüber hinaus geht es nicht um die Politik im Nahen Osten, es geht um ganz menschliche Fragen, die uns alle beschäftigen. Das ist insofern wichtig, als es auch ein Leben neben den Schlagzeilen gibt und sich in ihm dieser wunderbar stille Humor entfalten kann.

Am intensivsten wirkt die Figur Batyas und ihre Beziehung zum Mädchen vom Strand. In ihm begegnet die junge Frau ihrer eigenen Kindheit wieder, einer Zeit, in der sie mit offenen Augen in die Welt gestarrt hat, mit wachem Blick. Im Film taucht zunächst das Mädchen auf, später gesellen sich weitere Momente der Kindheit dazu, so dass Batya allmählich zur eigenen Vergangenheit zurückfindet und wir uns mit ihr auf eine Spurensuche in unsere Kindheit begeben können. So finden sich einzelne Bilder wie jenes vom Eismann am Strand, die zu Schlüsselbildern eines Lebens werden können und zu Momenten, die bleibend sind. Der Film ist in mancherlei Hinsicht eine Entdeckungsreise.

Das Meer spielt eine wichtige Rolle im Alltag einer Stadt am Meer. Keret und Geffen haben aus dem Meer viel mehr gemacht als einfach die grosse Wasserfläche vor der Stadt, den Erholungsraum. Das Meer ist hier so etwas wie der Ort, in dem die Träume ruhen. Die Braut Keren möchte von ihrem Zimmer aus aufs Meer blicken können, wenn sie schon ein Hotel am Meer hat, der Sohn von Joy wünscht sich ein Piratenschiff, und Batya wird hinabtauchen in die Tiefen des Meeres, um ihrer Kindheit noch einmal zu begegnen, sich dann an Land spülen zu lassen und endgültig im Erwachsensein stranden. "Les méduses" ist ein zärtlicher Film über das Distanzierte, er ist ein melancholischer Film über das Groteske, ein humorvoller Film über die Traurigkeit. Es ist ein Film, der das Leben verdichtet und damit so dicht fasst, dass es uns ans Herz geht.
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