Ludwig Ellenberg, Marion Scholz, Brigit Beier: Ökotourismus
Tourismus als immer wichtigerer Wirtschaftszweig beeinflusst Natur und Umwelt massiv. Seit einigen Jahren wird der Begriff «Ökotourismus» als tragfähiger Kompromis zwischen touristischen Bedürfnissen und der Erhaltung der Umwelt gehandelt. Doch was wird mit dem vielstrapazierten Begriff alles bezeichnet? Kann der Tourismus überhaupt zum Schutz der Natur beitragen? Kritsch beleuchten die am Geographischen Institut der Humboldt-Universität Berlin tätigen HerausgeberInnen der neuen Publikation zum Ökotourismus das Spannungsfeld zwischen Naturschutz und Tourismus. Im ersten analytischen Teil des Buches gehen sie ausführlich auf die Definition des Ökotourismus ein, ziehen Bilanz zu verschiedenen Formen des Tourismus und führen die LeserInnen auf einen interessanten Exkurs in die Geschichte des Naturschutzes. Spannend und aufschlussreich wird es im zweiten Teil des Buches mit der Präsentation der Fallbeispiele, für die rund zwanzig ExpertInnen aus Geographie, Politologie, Biologie, Forstwirtschaft und Artenschutz gewonnen werden konnten, die teilweise aus ihrer praktischen Erfahrung in Naturschutz- und Ökotourismusprojekten berichten. Ihre Reise führt vom Bayrischen Wald über Ostsee- und Mittelmeergebiete bis nach Bhutan, ins südliche Afrika oder nach Lateinamerika und in die Karibik. Die vielfältigsten Strategien zur Verknüpfung von Naturschutz mit Tourismus werden dabei differenziert aufgezeigt, kritisch hinterfragt und Etikettenschwindel aufgedeckt. Tourismus und Naturschutz müssen nicht zwingend Gegensätze sein, doch überwiegen in vielen Fallbeurteilungen Kritik und Skepsis. «Ökotourismus erfüllt in den meisten Fällen nur das Charakteristikum der Ausrichtung auf naturnahe Räume. Doch Ökotourismus ist mehr als Reisen ins Grüne oder ins Tief-Grüne», halten die AutorInnen in den Schlussfolgerungen fest. «Positive Auswirkungen auf Naturschutz und lokale Bevölkerung sind gefordert für die Verwendung des Begriffs.» Die Quintessenz im Telegrammstil aus den Fallbeispielen bleibt ihrerseits nicht ganz vor Widersprüchen verschont, versucht sie doch der Vielfalt einer widersprüchlichen Realität gerecht zu werden. Zum Beispiel wenn es um die Vorreiterrolle des offensichtlich schwer umsetzbaren Ökotourismus geht. Punktuell ist Ökotourismus zwar realisierbar, doch bleiben die Schwierigkeiten, punktuelle Lösungen dauerhaft und den Tourismus insgesamt umweltverträglicher zu gestalten.
Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, Berlin, Oxford 1997, 299 Seiten, Fr. 80.-, ISBN 3-8274-0146-1