Marianne Hochuli, Bastienne Joerchel: Liaisons dangereuses: Bilaterale Freihandelsabkommen Nord-Süd
Die multilateralen Verhandlungen zur „Entwicklungsrunde“, der sogenannten Doha-Runde, bei der Welthandelsorganisation (WTO), sind vor gut zwei Jahren aufgrund der stärkeren Verhandlungsmacht der Entwicklungsländer ins Stocken geraten. Seither liefern sich die Industrieländer einen Wettlauf, wer zuerst ein bilaterales Freihandelsabkommen mit einem wirtschaftlich attraktiven Entwicklungsland abschliessen kann. So bemüht sich auch die Schweiz, möglichst noch vor der EU etwa mit Indien, Thailand oder Peru Freihandelsverträge zu schliessen. Die beiden Handelsexpertinnen Marianne Hochuli von der Erklärung von Bern und Bastienne Joerchel von der Alliance Sud zeigen in der neuesten EvB-Dokumentation, dass es bei diesen Abkommen einzig darum geht, den eigenen Unternehmen neue Märkte zu verschaffen. Untersuchungen über die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt oder der Einbezug der Betroffenen bleiben auf der Strecke. Die bilateralen Abkommen gehen viel weiter als die multilateralen Verhandlungen im Rahmen der WTO, untergraben gemeinsame Interessenwahrnehmung südlicher Länder und verschärfen in vielen Bereichen die negativen Punkte, die bereits in Kampagnen für eine gerechte Welthandelsordnung gegen die WTO ins Feld geführt wurden. Insbesondere verlaufen die Verhandlungen über die bilateralen Verträge noch intransparenter, so dass selbst gewählte Abgeordnete schlecht bis gar nicht informiert sind über die Pläne der Regierung. So gibt die Schweiz die Vertragstexte jeweils erst nach der Unterzeichnung frei. Deshalb fordern die EvB und die Alliance Sud vom Bundesrat grössere Transparenz, unabhängige, öffentlich zugängliche Studien über die Auswirkungen der Handelsliberalisierungen, eine bessere Einbindung des Parlaments sowie keine Marktöffnungen bei geistigen Eigentumsrechten oder für Industriegüter, die für die Entwicklung eines Landes grundlegend sind oder den Finanzhaushalt eines Landes gravierend beschneiden.
Spezifisch zu den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit Indien, für das Bundesrätin Doris Leuthard eben anlässlich eines Besuches mit einer Wirtschaftsdelegation im April 2008 den Boden bereitete, nimmt Marianne Hochuli auf der Website der EvB ausführlich Stellung anhand der Forderungen einer Fachkonferenz, an der sie ebenfalls im April in Delhi teilgenommen hat. Diese Verhandlungen werden gerade auch von unseren Partnern im Tourismus mit grosser Aufmerksamkeit verfolgt, erleben sie doch täglich die negativen Auswirkungen der Liberalisierungen in diesem Sektor und die laufende Einschränkungen des Handlungsspielraumes auf lokaler Ebene für eine nachhaltige Gestaltung des Tourismus.
Mit dieser Publikation verabschiedet sich Marianne Hochuli von der Erklärung von Bern. Wir vom arbeitskreis tourismus & entwicklung möchten ihr bei dieser Gelegenheit nochmals ganz herzlich danken für die jahrelange gute Zusammenarbeit und ihre hochqualifizierten Analysen und wichtigen Denkanstösse, mit der sie die Arbeit zur Liberalisierung im Tourismus in Nord und Süd entscheidend vorangebracht hat.
Marianne Hochuli, Bastienne Joerchel: Liaisons dangereuses: Bilaterale Freihandelsabkommen Nord-Süd, Erklärung von Bern, Alliance Sud, Zürich-Bern 2008, 31 Seiten, SFr. 6.-
5-6 Mal jährlich legt die Erklärung von Bern (EvB) für ihre Mitglieder und weitere Interessierte das EvB-Magazin begleitet von einer handlichen Dokumentation zu einem aktuellen brisanten Thema vor. EvB-Mitgliederbeitrag: Fr. 60.- pro Kalenderjahr
Erklärung von Bern, Postfach, CH-8026 Zürich, Tel. +41 (44) 277 70 00, www.evb.ch; Stellungnahme und Forderungen zum bilateralen Freihandelsabkommen mit Indien auf www.evb.ch/p25014182.html und www.evb.ch/p25014173.html
Bild: http://www.moviebazaar.de/filmdang.htm