Marokko: Tourismus in den roten Zahlen
Ein Communiqué des Ministeriums hat es soeben bestätigt: Der Tourismus in Marokko steckt in der Krise. 1994 ging die Besucherzahl um mehr als 21 Prozent zurück (2,3 Millionen, gegenüber 2,9 Millionen im Jahr 1993). Das ist insofern beängstigend, als der Tourismus an zweiter Stelle steht, was die Deviseneinnahmen betrifft. Für den Tourismusminister Serge Berdugo gibt es hauptsächlich zwei Gründe für diesen Rückgang. Zum einen gab es im letzten Sommer terroristische Anschläge, insbesondere den Anschlag auf ein Hotel in Marrakesch, bei dem zwei spanische Touristen ums Leben kamen. Der zweite Grund hängt mit der Schliessung der Grenze zwischen Algerien und Marokko zusammen, was den intermaghrebinischen Tourismus erlahmen liess (‑ 42 Prozent). Damit ist die breite Werbekampagne, die vor zwei Jahren angefangen hat, gescheitert. Zu diesen konjunkturellen Schwierigkeiten kommen noch strukturelle Probleme. Serge Berdugo ist aber entschlossen, zuerst vor der eigenen Haustür zu wischen und im OMNT, im Office national marocain du tourisme, «aufzuräumen» und die regionalen Büros an die Kandare zu nehmen. Dazu gehört auch die Ernennung oder Zurückversetzung von Verantwortlichen. Ein weiteres Problem, auf das die geringe Rückkehrerquote von nur 6 Prozent zurückgeführt wird, ist die «touristische Plage». So werden die angeblichen Touristenführer genannt, die die BesucherInnen belagern und nicht mehr. in Ruhe lassen, bis diese schliesslich einen von ihnen auswählen, der sie dann begleitet. Auch die Tourismuspromotoren sind nicht zufrieden. Der Generalsekretär der nationalen Hotelvereinigung zählt die vielen Hürden auf, die den Promotoren in den Weg gelegt werden. Nebst teurem und unerschlossenem Boden, müssen die Investoren dann lange und komplizierte administrative Verfahren in Kauf nehmen. Zudem stammt das Investitionsgesetz aus dem Jahre 1983 und ist nicht mehr wettbewerbsfähig. So liegt beispielsweise der Zinssatz für Kredite bei 12,5 Prozent, während die Rentabilität eines Hotels 10 Prozent nicht übersteigt. Der jetzige Tourismusminister redet zwar sehr offen über die Schwierigkeiten und hat auch schon einiges an die Hand genommen, doch die Amtszeit eines Tourismusministers erreicht knapp ein Jahr. Und noch kein Minister hat die Pläne seines Vorgängers fortgesetzt.
Jeune Afrique du 23 février au 1 er mars 1995/mg