Rassismus und Tourismus stehen in einer eigentümlich vielschichtigen Beziehungen zueinander. Entstehung und heutige Ausformung der beiden Phänomene sind wechselseitig voneinander beeinflusst. Als die Fernreisen in den siebziger Jahren zu boomen begannen, wiesen erste Studien bereits darauf hin, dass einerseits die Tourismuswerbung auf rassistischen Stereotypen fusst, andererseits die Erfahrung der Fremde tendenziell die bestehenden Vorurteile der Reisenden eher zementiert, als sie abzubauen vermag. Wie diese Wechselwirkungen zustande kommen und aussehen, das zeigt der neue Sammelband: „Im Handgepäck Rassismus“ der tourismuskritischen Fachstelle FernWeh aus Freiburg im Breisgau. Den beiden FernWeh-Mitarbeiterinnen, Martina Backes und Tina Goethe, sowie ihren MitherausgeberInnen, dem Fachjournalisten für Umwelt und Wirtschaft Stephan Günther und der Germanistin und Ethnologin Rosaly Magg, gebührt das Verdienst, die Analysen zu Rassismus und Reisen auf den neuesten Stand zu bringen und anhand sehr interessanter Fallbeispiele zu vertiefen. Aus der Fülle der neuen Einblicke und Einsichten herausgegriffen besticht der Beitrag „Farbenblind“ über die Wiederkehr des Rassismus auf Kuba. Die Revolutionsregierung hat Rassendiskriminierung zwar mit Massnahmen bekämpft, eine breite Diskussion darüber aber auch nicht zugelassen. So brachen mit dem aufkommenden Massentourismus die Ungleichheiten aufgrund von Rasse wieder offen zu Tage: Afro-KubanerInnen sind im dynamischen Tourismussektor klar untervertreten; sie hätten keine „buena presencia“, keine „angenehme äussere Erscheinung“ und könnten aufgrund angeblicher Präferenzen der TouristInnen in dieser Branche nicht beschäftigt werden. Der Sammelband macht klar, es bleibt ein weiter Weg zu gehen, bis die Diskriminierung aufgrund von Rasse und Geschlecht auf Reisen nicht mehr zu den Voraussetzungen der Begegnung zwischen Gästen und GastgeberInnen gehört, bis zu einem gleichberechtigten Austausch, der ein interkulturelles Lernen – letztlich auch ein Ziel jeder Reise – erst ermöglicht.
Fernweh – Forum Tourismus und Kritik im Informationszentrum Dritte Welt (iz3w), Freiburg i. Br. 2002, 219 Seiten, € 15.-, SFr. 25.-, ISBN 3-922263-19-4

Overtourismus – ein Problem der Wahrnehmung und Verhaltens und nicht nur der Zahlen?