Kochen, putzen, Haushalt machen, Kinder erziehen und nie viel Geld in der Haushaltskasse. So sah auch für Nadja der Alltag aus. Wie die meisten marokkanischen Frauen hat sie nur die Primarschule besucht, jung geheiratet, früh Kinder bekommen und war immer abhängig vom dürftigen Einkommen ihres Mannes. Bis ihre Cousine ihr von der staatlich anerkannten und kombinierten Berufsausbildung in Küche, Patisserie und Zimmerservice des Projekts Mostaqbal – Zukunft der cfd-Partnerorganisation Association Féminine El Khir erzählte. Die halbjährige Lehre richtet sich an sozial und wirtschaftlich benachteiligte Frauen ohne Ausbildung. Sie bietet die ideale Kombination, um im touristisch geprägten Essaouira eine geregelte Arbeit zu finden oder mit selbstständiger Arbeit eine Einkommensquelle zu erschliessen.

Mann und Familie dagegen 

Doch zuerst musste Nadja zahlreiche Widerstände überwinden: "Mein Mann wollte nicht, dass ich die Ausbildung mache, aber ich habe mich durchgesetzt. Wenn ich zu den Kursen bin, habe ich schon früh morgens das Essen für die Familie zubereitet. Zunächst war mein Mann sehr misstrauisch und ist mir heimlich bis in die Ausbildungsräumlichkeiten gefolgt oder ist überraschend dort aufgetaucht. Bis er gemerkt hat, dass alles in Ordnung ist", erzählt sie rückblickend. Auch ihre Verwandten und Freunde trauten Nadja nicht zu, Familie, Haushalt und die Ausbildung unter einen Hut zu bringen.

Nadja zeigt es allen…

Doch inmitten der motivierenden Gemeinschaft der Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer und dank psychosozialer Begleitung blüht sie auf. Nadja schliesst die Ausbildung als eine der Besten ab. "Das Diplom hat mein Leben verändert. Heute bin ich viel selbstbewusster, kenne meine Rechte und verfolge eigene Ziele", sagt die zweifache Mutter. Nadja trägt heute mit ihrer Arbeit im Restaurant der Partnerorganisation El Khir und mit ihrer eigenen Facebook-Seite zum Familieneinkommen bei: "Ich biete auf meiner Facebook-Seite selbstgebackenes Gebäck und Kuchen zum Verkauf an. Die Kundinnen und Kunden bestellen online oder per Telefon. Mittlerweile ist auch mein Mann stolz auf mich und unterstützt meine Pläne. Ich träume davon, eine eigene Patisserie zu eröffnen."

…auch dem Lehrer ihrer Tochter

Nadja hat sich nicht bremsen lassen und sie lässt nicht zu, dass stereotype Rollenvorstellungen ihre Tochter Halima (15) auf ihrem Lebensweg aufhalten. So hat sie etwas gewagt, wozu sie früher nicht den Mut gehabt hätte. Nadja hat – ohne Wissen ihres Mannes – das Gespräch mit dem Lehrer ihrer Tochter Halima gesucht. Denn dieser wollte dem Mädchen nicht erlauben, die Mechaniker-Ausbildung an der Schule zu absolvieren. Mit der Begründung, Mechaniker sei ein Männerberuf. Doch Nadja liess sich nicht beirren: Sie fragte den Lehrer, wo geschrieben stehe, dass Mädchen nicht Mechanikerinnen werden dürften. Der Lehrer wusste auf die Frage keine Antwort und gab Nadjas Argumenten schliesslich nach. Halima darf doch Mechanikerin lernen. Ihre nächsten Ziele stehen bereits fest: studieren und Ingenieurin werden.

cfd – die feministische Friedensorganisation

Der cfd orientiert sich an der Vision eines guten Lebens für alle Menschen. Er arbeitet für eine Welt, in der Frauen und Männer sowie Menschen verschiedener Herkunft gleichberechtigt Zugang haben zu Lebensgrundlagen zu Rechten und Mitbestimmung, zu Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten. Die Grundlagen bilden der Gender-Ansatz, das Empowerment von Frauen und die feministische Friedenspolitik. Der cfd ist Mitglied von fairunterwegs