Menschliche Missionsgeschichten
Ein frommes Gemüt und eine ausgesprägte Neigung zum Gehorsam: Das und Grips brauchte es, um für die Mission rekrutiert zu werden. Al Imfeld, Bauernkind aus dem Napfgebiet, hatte das. Er machte die Missionsschule und ging in die Afrika-Mission. "Wir waren besessen von der Vorstellung, kleine Missionare oder Retter zu sein", schreibt er im Band "Auf den Strassen zum Himmel", der Missionsgeschichten aus der Schweiz und aus Afrika beinhaltet und mit historischen Fotografien aus dem Archiv der katholischen Bethlehem Mission Immensee (BMI) bestückt ist. Herausgeberin ist die langjährige WOZ-Mitarbeiterin Lotta Suter, die eine umfassende Biografie des in Zürich lebenden Theologen, Agrarhistorikers, Entwicklungsexperten, Literaturvermittlers, Journalisten und Geschichtenerzählers geschrieben hat.
Die Mission lässt Al Imfeld einfach nicht los – auch wenn er sich von den missionarischen Dogmen der Heidenbekehrung oder des Homosexualitätverbots, wie er sie seinerzeit vermittelt bekam, abgewandt hat. Die Zeit, die er beschreibt, ist Gott sei Dank endgültig vorbei, obwohl heute andere, von den USA importierte sowie autochtone christliche Sekten auf dem Schwarzen Kontinent boomen. Einige der von ihm porträtierten Missionarskollegen, vor allem solche im ehemaligen Rhodesien, leben nicht mehr. Sie sind die letzten ZeitzeugInnen einer schweizerischen Mission, die ihre Spuren auch in der Form von Spitälern oder Schulen hinterlassen hat. Aus dem Buch: "Bewegt sich nicht jede Missionsgesellschaft früher oder später ihrer Auflösung zu? Denn wenn man anders zu achten beginnt, muss vieles gar nicht erst bekehrt werden."
Die Frage, was Mission heute noch soll oder ist, wird gegenwärtig in einer NZZ-Serie behandelt. Da wird zum Beispiel ein Befreiungstheologe porträtiert, der sich für die Rechte der Urbevölkerung im brasilianischen Regenwald und für die Wahrung der Schöpfung einsetzt. Darum geht es Al Imfeld aber in der vorliegenden Sammlung zeitgenössischer Migrationsgeschichten nicht. Seine kurzweiligen und packenden Storys sind im Grunde eine Ehrerbietung an Menschen, die ihr Leben in den Dienst des Evangeliums stellten. Ganz unterschiedliche Charaktere sind sie; so unterschiedlich, wie auch die Mission damals gewesen sei, so der Autor, ein Brückenbauer zwischen der nördlichen und der südlichen, der religiösen und der säkularen Welt.
Al Imfeld: "Auf den Strassen zum Himmel", Missionsgeschichten aus der Schweiz und aus Afrika. 203 S., schwarzweiss Abbildungen. Ca. 32 Fr. ISBN 3-85869-531-9. Diese Besprechung erschien in der Wochenzeitung WoZ 08/2013 vom 21.02.2013. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.