Der Indianer-Stamm der Seminolen aus Florida kauft die weltbekannten Hard Rock Cafes des britischen Freizeitkonzerns Rank
Basel, 24.05.2007, akte/ Wer kennt sie nicht, die Hard Rock Cafes? Den Song von Carole King? Die T-Shirts mit dem Hard Rock Cafe-Logo und dem Namen der Stadt – ein „Must“ für alle Weltenbummler der 1980er und 1990er, diese Trophäe zuhause spazieren zu führen?
Im Dezember 2006 sorgte die indianische Gemeinschaft der Seminolen weltweit für Schlagzeilen mit ihrer Ankündigung, die Hard Rock Cafe International zu kaufen. Im März 2007 wurde der Deal gemäss Geschäftsbericht der Rank-Gruppe vollzogen: Für insgesamt 965 Millionen US Dollar übernehmen die Seminolen nicht nur die 124 Hard Rock Cafes, die sieben Hotels mit Casinos sowie die Veranstaltungshallen, welche die Kette in 46 Ländern rund um den Globus betreibt, sondern auch die rund 70’000 Rock-Kult-Erinnerungsstücke – darunter die berühmte „Flying V“-Gitarre von Jimi Hendrix, ein Bustier von Madonna, hochhackige Schuhe von Elton John sowie die Gitarren von Eric Clapton, Bob Dylan und Chuck Berry.
Längst haben die Seminolen – ein rund 3’300 Mitglieder zählendes Indiander-Volk aus dem US-Südstaat Florida – ihre Geschäftstüchtigkeit unter Beweis gestellt: Bereits in den 1920ern, als Florida einen ersten Tourismusboom erlebte, verdienten sie mit Alligatoren-Schaukämpfen gutes Geld. Heute haben sie die Souveränität über ihr Land, handeln mit Zitrusfrüchten, Vieh und Tabak, machen ihr Geld aber vor allem mit dem Betrieb von Tourismusanlagen, Golfplätzen und Spielcasinos.
1979 eröffneten sie ihr erstes eigenes Casino und kämpften in den 80er Jahren bis vor Bundesgericht für die Gesetzesgrundlage (Indian Gaming Regulatory Act – IGRA), die 1988 den Betrieb von Glücksspieleinrichtungen auf indianischem Territorium von sonstig geltenden gesetzlichen Einschränkungen ausnahm. In der Reagan-Ära sah die Bundesregierung in dieser Liberalisierung zugunsten der indianischen Gemeinschaften ein Mittel, Subventionen an die Indianer-Reservate einzusparen. Immer mehr indianische Gemeinden der USA versuchen sich seither im Glücksspiel in ihren Reservationen – eine nicht unumstrittene Entwicklung, bei der Indianer-Stämme auch schon ihre Landrechtsforderungen gegen den Erhalt von Casino-Lizenzen abgegeben haben. Die Glücksspieleinrichtungen haben aber etlichen verarmten indianischen Gemeinden über die letzten Jahre auch ermöglicht, dringend benötigte Schulen, Krankheitsvorsorge und Infrastrukturen zu finanzieren und ihren Lebensstandard zu verbessern.
Die Einnahmen aus den indianischen Glücksspieleinrichtungen machen rund 10 Prozent der gesamten Glücksspielindustrie in den USA aus – wobei nicht-indianische Casinobetreiber die von vielen Auflagen und Steuern befreite indianische Konkurrenz immer wieder ins Visier nehmen.
So nahmen auch renommierte Finanzanalysten bei der Übernahmeankündigung der Hard Rock Cafe International die Geschäfte der Seminolen, die bereits Hard Rock Hotels&Casinos betrieben, genauestens unter die Lupe. Ein Wall Street Journal Report berichtete über hängige Verfahren gegen die Seminolen wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe. Und die Analysten zeigten sich enttäuscht, hatten sich doch erwartet, die britische Rank Group ziehe mehr aus dem Verkauf der Hard Rock Cafe International und könne ihre Aktionäre grosszügiger abfinden.
Tatsache ist, dass die Seminolen ein hochprofitables Hard Rock Cafe-Imperium erwerben, das im 2006 total 502 Millionen US Dollar erwirtschaftete und gut 18 Prozent mehr Gewinn auf das Vorjahr auswies. Entsprechend freute sich Mitchell Cypress, der gewählte Vorsitzende der Seminolen, bei der Ankündigung der Übernahme im Dezember 2006: „Dies ist ein stolzer Moment für den Stamm der Seminolen aus Florida und für alle Indianer-Stämme.“
Quellen: Press release: Hard Rock International releases 2006 Year-End Earnings Report, 2.3.2007, www.hardrock.com; Incomindios Newsletter Nr. 25/März 2007; Spiegel Online 7.12.2007, www.spiegel.de; MarketWatch 7.12.2007, www.marketwatch.com; Harry Schüler: Kasinos – Glücksspiel auf und mit indianischem Land, Incomindios Themenheft Nr. 4, Zürich 2003 – siehe auch Meldung des arbeitskreises tourismus & entwicklung vom 29.10.2003 auf www.fairunterwegs.org; sowie unter Hintergrund/indigene Völker