Klima-Grosseltern unterwegs nach Albanien: Der Weg gehört zum Ziel
Besim hatte uns schon seit Langem zu einer Rundreise durch Nordalbanien eingeladen. Nachdem wir den Termin einige Male verschieben mussten, klappt es nun endlich: Wir fahren mit dem Zug nach Mailand und nehmen dort den Nachtzug nach Bari. Der italienische Schlafwagen ist etwas in die Jahre gekommen. Dennoch schlafen wir gut: die Leintücher sind frisch und die beruhigenden Geräusche einer gemächlichen Zugfahrt tun ihr Übriges. Am Morgen weckt uns der Schlafwagenschaffner – oder ist es der Duft des frischgebrauten Espressos, den er in den Händen hält und der die Kabine erfüllt?
Zum Frühstück die Bucht von Durrës
In Bari haben wir ein B&B in der Altstadt reserviert und erkunden von dort aus zu Fuss die von Stadtmauern umgebene Halbinsel, entdecken versteckte kleine Restaurants. Am nächsten Abend checken wir auf der Fähre «Francesca» der Adria Ferries ein. Gebucht haben wir über diese Plattform.Wieder haben wir eine kleine Kabine, etwas geräumiger als jene im Zug. Im winzigen Badezimmer gibt es sogar eine Dusche. Lange stehen wir an der Reling und schauen zu, wie sich riesige Lastwagen in die Fähre quetschen. Schliesslich sticht das Schiff langsam in See und die Lichter von Bari werden immer kleiner. Morgens stehen wir erneut auf dem Deck, diesmal am Bug, und lassen die albanische Küste mit der Bucht von Durrës auf uns zukommen.
Im Hafen erwartet uns Besim. Mit seinem kleinen Auto fahren wir in die wilden Berge Nordalbaniens: steile Abhänge, schroffe Felsen, ein grossartiges Panorama. Entlang des Cijevna-Flusses tut sich plötzlich ein grünes Tal auf. Verstreute Bauernhöfe bieten hier Unterkunft und Verpflegung an. Wir haben uns im Agriturismo Alpini in Lëpushë angemeldet. Die Bauernfamilie verwöhnt uns mit reichhaltigen Mahlzeiten mit allem, was der Hof hergibt.
Mit der Fähre auf dem Stausee
Das eindrücklichste Erlebnis der Reise ist die Fahrt auf der kleinen Fähre auf dem Komansee. Der Stausee ist Teil eines Kraftwerksystems, das in den 1970er Jahren, noch während des Hoxha-Regimes, errichtet wurde. Um die 34 km lange strassenlose Strecke von Koman nach Fierzë zurückzulegen, navigiert die Fähre während knapp drei Stunden zwischen zum Teil Hunderten von Metern hohen Felswänden hindurch.
Nach der einwöchigen Rundreise durch den Norden des Landes verbringen wir noch ein paar Tage in Dhermi, einem populären Strand im Süden. Von dort bringt uns ein Green Taxi mit Elektroantrieb zurück zum Hafen in Durrës.
Nochmals Ferien: in Ancona
Diesmal dauert die Überfahrt nach Italien etwas länger, denn wir nehmen die Fähre nach Ancona. Wir lassen die Ferien mit einem 2-tägigen Aufenthalt in der Hauptstadt der Marken ausklingen. Ein Ort, an den man ohne besonderen Grund kaum hinreisen würde, der uns es uns nun aber mit seinem Hafen und der Altstadt antut, ist er doch authentischer als viele touristische Hot Spots. Von Ancona sind es mit dem Zug nach Zürich nur noch 6-7 Stunden. So wird die Heimreise unmerklich Teil des Urlaubs und streckt sich über drei weitere Tage hin.
Elisa Fuchs
Elisa Fuchs war in den 2010er Jahren Leiterin des Schweizer Kulturprogramms von Deza und Pro Helvetia, das Kulturprojekte in sieben Ländern Südosteuropas und der Ukraine unterstützte. Sie ist Mitglied der Klima-Grosseltern Schweiz.