Ida Ayu Agung Mas ist hierzulande keine Unbekannte: Ihr Projekt Sua Bali wurde 1995 mit dem ersten TODO!-Preis für sozialverantwortlichen Tourismus des Studienkreises für Tourismus und Entwicklung e.V. ausgezeichnet. Sua Bali – zu Deutsch: Bali kennenlernen – wird seinem Namen gerecht: Die Gäste des Ferienorts lernen das authentische Leben, den Alltag der Balinesen kennen. Ein Teil der Einnahmen aus dem Tourismus kommt der dörflichen Gemeinschaft zugute und fliesst darüber hinaus in Umwelt- und Kulturprojekte.
Bei allen, die Sua Bali kennen oder davon wissen, wird daher die Biografie der aussergewöhnlichen Frau, die hinter dem Projekt steht, auf Interesse stossen. Sie hat ihr Leben in verschiedenen Episoden ihrer Freundin Monika Endres-Stamm erzählt. Nach einer Weile begann Endres die Erzählungen aufzuzeichnen. "Ich durfte Zeugin ihres ungewöhnlichen Wegs sein und staunen über die Kraft ihrer Persönlichkeit", schreibt Endres im Nachwort, und weiter: "Unvergesslich die Szenen, in denen sie in Mimik und Stimme die Tempeltänzerin, die Frauenrechtlerin oder die Senatorin vor meinen Augen lebendig werden liess." 
Mit einer Sprache, die alle Sinne anspricht, lässt Endres Ida Ayus Weg ebenso wie den der Insel Bali lebendig werden. Es ist ein Weg voller Abzweigungen:
Ida Ayu wird in eine der ältesten hinduistischen Familien hineingeboren. Sie lernt den Tempeltanz und verbindet sich ganz mit ihrem kulturellen und religiösen Erbe. Ihr unabhängiger Charakters verunmöglicht ihr, die vorgegebene Frauenrolle einer hingebungsvollen Gattin und Mutter anzunehmen. Sie willigt in eine arrangierte Ehe ein, spürt aber, dass diese zum Scheitern verurteilt ist. Als ihr die Familiensituation zu eng wird, lässt sie ihren Sohn bei ihren Eltern zurück, bewirbt sich für ein Stipendium und reist für ein Germanistikstudium nach Hannover. Nach dem Abschluss arbeitet sie als Dozentin an der Hotelfachschule in Denpasar. Von ihrer Familie durch die Berührung mit dem Westen entfremdet, sucht sie etwas Eigenes und findet über ihre Intuition den Ort, wo sie Sua Bali gemeinsam mit den DorfbewohnerInnen aufbaut. Mit der Wirtschaftskrise beginnen 1998 Proteste gegen den Präsidenten und seine Verbündeten. Suharto tritt am 20. Mai 1998 das Präsidium an Jusuf Habibie ab. In diese Übergangszeit fällt Ida Ayus rund einjährige Liebesbeziehung mit dem Regierungsmitglied Gung. Es folgt die schwierige Zeit für Sua Bali nach dem Bombenattentat von 2002, die Kandidatur und die Wahl der 55jährigen Ida Ayu zur Senatorin 2004 – dem Jahr, dass wegen des verheerenden Tsunami im Dezember in die Geschichte eingeht und Ida Ayu viel Arbeit beschert. Sie bleibt Senatorin bis 2009 und wird in dieser Zeit Grossmutter. Rund um ihre Pensionierung zieht sie sich in ein verlassenes Tempelgelände zurück. Sie will den Tempel wieder aufbauen und Priesterin werden, eine Ratgeberin jener, die zu ihr kommen.
Die Lektüre lässt viele starke Bilder zurück und regt zum Nachdenken über die Balance zwischen Anpassung und Widerstand, Hingabe und Selbstbehauptung sowie über die Hintergründe der im Allgemeinen wenig nachhaltigen Tourismusentwicklung in Bali an. Es bietet ein schönes Lese-Reiseerlebnis nach Bali, unter der Reiseleitung der starken, authentischen Persönlichkeit Ida Ayu Agung Mas. 
Monika Endres-Stamm, Ida Ayu Agung Mas: Tempeltänzerin und Senatorin. Ein Leben für Bali. Elisabeth Sandmann Vlg., München 2015, 268 Seiten, CHF 35.90, EUR 22.95; ISBN 978-3-945543-06-1