N’Sondé, Wilfried: Das Herz der Leopardenkinder
Ein junger Franzose kongolesischer Herkunft wird auf einem Pariser Polizeirevier verhört und misshandelt. Betrunken und bekifft erinnert er sich nicht an das Verbrechen, das er gestehen soll. Während sein Rausch langsam verebbt, erzählt er in Gedanken, wortgewaltig und atemlos, seine ganze Geschichte, und auch die seiner Eltern, seiner verlorenen Liebe Mireille und seiner Freunde. Im Vordergrund steht dabei die Zerrissenheit französischer Jugendlicher mit afrikanischem Hintergrund. Immer wieder kommt die Frage nach der Herkunft – nicht so sehr vom Erzähler selbst, sondern vielmehr von „den anderen“, die sie nicht als Franzosen sehen können oder wollen. Der junge Mann analysiert hartnäckig seine Lage, erinnert sich an Szenen seiner Kindheit: An die Bäckerin zum Beispiel, die die Kleinen süss fand mit ihren Krausköpfchen, sie dann als Heranwachsende aber doch nicht akzeptieren konnte. Während er selbst zunächst die Liebe findet und die Schule besucht, verkraftet sein Freund Drissa diese Kluft nicht und landet in der Psychiatrie. Ein anderer Freund flüchtet sich in den Islamismus, und die geliebte Mireille versucht in Büchern und durch die Emigration nach Israel Antworten zu finden.
N’Sondé trägt sein Plädoyer für gegenseitiges Verständnis und für Verständigung in Form einer eindringlichen, anspruchsvollen Leidensgeschichte über Verlust und Ohnmacht vor und verpackt es in eine bemerkenswerte Sprache: „Hör auf, wie ein Satellit in angemessenen Abstand zu kreisen, sprich viel von dir, du solltest endlich begreifen, dass das, was du machst, nicht farbig ist. Hat Mozart denn weisse Musik geschrieben? Verbissen begeisterst du dich für afrikanische Musik. Schüttel mal eben dein Hirn durch, schnell, es wird Zeit!“
Wilfried N’Sondé: Das Herz der Leopardenkinder. Aus dem Französischen von Brigitte Grosse. 126 Seiten, Verlag Antje Kunstmann, München, 2008, CHF 25.90, Euro 14.90, ISBN 978-3-88897-522-6