Auf einem guten Weg 

Woher ihre Lebensmittel stammen, wie ihre Kleidung produziert wurde, welchen ökologischen Einfluss ihr Konsum hat: Verbraucher und Verbraucherinnen haben ein wachsendes Umweltbewusstsein, einen immer stärkeren Wunsch nach Nachhaltigkeit und achten zunehmend auf ethische und soziale Aspekte beim Kauf von Produkten (Giampietri et al., 2018; Frank & Brock, 2018). Es ist daher wenig verwunderlich, dass die Nachfrage entsprechender Produkte in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist und das Thema Nachhaltigkeit mittlerweile auch im Tourismussektor zunehmend an Bedeutung gewinnt. Der Tourismussektor als eine der weltweit grössten Dienstleistungsbranchen hat durchaus die wirtschaftliche Zugkraft, einen globalen Paradigmenwechsel einzuleiten, verursacht aber gleichzeitig gravierende ökologische und soziale Schäden. Ein globales Umdenken kann daher nur unter Beteiligung von Unternehmen, Kunden und Verbraucherinnen erreicht werden (Juvan und Dolnicar, 2017). Die Umsetzung auf der Anbieterseite ist jedoch nicht einfach und viele Verbraucher setzen ihre Einstellungen und positiven Absichten zum nachhaltigen Tourismus nicht in entsprechende Buchungen um (Jarvis et al., 2010). Darüber hinaus verhalten sich Reisende im Urlaub oft anders und weniger nachhaltig als zu Hause und gönnen sich für die Dauer des Urlaubs eine Art "Ausnahmegenehmigung", die ihren Überzeugungen widerspricht (Juvan und Dolnicar, 2014; Holmes et al., 2021). Forschungsarbeiten zu dieser Lücke zwischen Einstellung und Verhalten haben gezeigt, dass insbesondere Informationsasymmetrien für viele Konsumentinnen eine Barriere darstellen, wenn es darum geht, ihre Absichten in Taten umzusetzen. 

Was Reisende hindert 

Das Forschungsteam des Lehrstuhls für ABWL: Marketing an der Universität Rostock*) ist davon überzeugt, dass insbesondere im Bereich touristischer Dienstleistungen Nachhaltigkeitsinformationen und Konsumentinnen-Wissen eine besondere Rolle spielen. Um Konsumbarrieren zu identifizieren und mögliche Kommunikationsstrategien zu entwickeln, haben sie eine breit angelegte Interviewstudie mit Touristen verschiedenster Reisearten sowie Vertreterinnen bspw. der Regierung, von Tourismusverbänden, des Destinationsmanagements oder des Reisevertriebs durchgeführt. Die Interviews bestätigen frühere Erkenntnisse über die Intentions-Verhaltens-Lücke und das unterschiedliche Verhalten zu Hause und im Urlaub. Zudem haben die Befragten kein einheitliches Verständnis des Begriffs Nachhaltigkeit. Sie kritisieren die mangelnde Sichtbarkeit von nachhaltigen Tourismusangeboten und vermissen die Vernetzung der Informationen von Anbietern wie Buchungsplattformen, Destinationen und Hotels. Die Befragten schlagen bspw. das Internet, Buchungsportale, soziale Medien und mobile Geräte als ideale Instrumente vor, um die Vorteile nachhaltigen Reisens so valide und transparent wie möglich darzustellen. Generell äussern die Befragten, dass sie sich nicht gut genug über nachhaltige Reiseangebote informiert fühlen und es ihnen oftmals am Wissen fehle, wie sie sich auf Reisen nachhaltiger verhalten können. 

Worauf es ankommt 

Basierend auf den Ergebnissen ihrer Interviewstudie befragte das Rostocker Forschungsteam im Rahmen einer sogenannten Critical-Incident Studie 299 Personen zur Rolle der Glaubwürdigkeit und Transparenz von Nachhaltigkeitsinformationen innerhalb der Lücke zwischen positiver Intention und entsprechendem Verhalten. Es zeigt sich, dass insbesondere die wahrgenommene Wirksamkeit des eigenen Verhaltens, die sog. Selbstwirksamkeit der Reisenden, einen grossen Einfluss auf ihre tatsächlichen Konsumentscheidungen hat. Dazu kommt, dass insbesondere jene Befragte, die ihr Wissen zum nachhaltigen Reisen als hoch einschätzen, auch eher entsprechend handeln. Besonders interessant an den Ergebnissen der quantitativen Studie ist der Interaktionseffekt von wahrgenommener Glaubwürdigkeit und Transparenz von Nachhaltigkeitsinformationen zugunsten eines nachhaltigen Reiseverhaltens: Reisende können die Glaubwürdigkeit von Informationen besser einschätzen, wenn diese so transparent wie möglich gestaltet sind. Nur dann können sie ihre Konsumentscheidungen daran ausrichten. 

Wie geht es weiter? 

Basierend auf den Studienergebnissen ergeben sich mehrere Implikationen für die Forschung und das Management von Dienstleistungen in der Tourismusbranche. Um nur einige zu nennen, ist bspw. weitere Forschung zu intelligenten digitalen Informationskonzepten zu entwickeln, die Kundinnen zu nachhaltigem Verhalten bewegen. Die Digitalisierung kann dabei helfen, touristische Nachhaltigkeitsinformationen leicht zugänglich und möglichst transparent bereitzustellen. Dabei ist es wichtig, notwendige Informationen pro-aktiv und übersichtlich zur Verfügung zu stellen. Weitere Forschungsprojekte und Studien folgen, die mögliche digitale Informationskonzepte entwickeln und testen, um Reisende auch im Urlaub zu nachhaltigerem Verhalten zu bewegen.   

Dr. Maxi Bergel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für ABWL Marketing der Universität Rostock. Sie leitet das Forschungsprojekt „SMart“. Im Rahmen des Projektes sollen Barrieren nachhaltigen Konsumverhaltens im Bereich touristischer Dienstleistungen identifiziert werden. Ziel ist es Massnahmen zu generieren und zu evaluieren um jene Barrieren zu überwinden. 

Mehr dazu unter: www.bwl.uni-rostock.de/marketing/forschung/