Basel, 21.10.2014, akte/ Bei Volontourimus gehe es in erster Linie um die Erfüllung der Freiwilligen selbst, und nicht darum, was sie den lokalen Gemeinschaften tatsächlich bringen. Mit diesem Statement beginnt ein Artikel von Lauren Kascak auf der Internetseite "Pacific standard". Der Volontourismus kommt sehr schlecht weg in dieser Aussage. Warum sich Kascak solch eine Unterstellung erlauben kann? Sie ist eine Insiderin: Schon dreimal war sie als Mitglied einer internationalen Gesundheitsbrigade auf Kurzaufenthalten in Afrika, bei denen es vor allem darum ging, bedürftige lokale Gruppierungen gesundheitlich zu versorgen. 
Obwohl laut Kascak kaum Werbung für solche Angebote gemacht wird, erfreuen sie sich grosser Beliebtheit. Das Geschäft floriert: Zwar reisen die VolontouristInnen ja eigentlich zum Helfen in Entwicklungsländer, trotzdem sind die meisten bereit, tausende von Dollars für einen Trip hinzublättern. Kascak fragt sich in ihrem Artikel, weshalb die teuren Hilfsaufenthalte so viele junge Menschen anziehen.
Zum Teil liege dies bestimmt an den Bildern, die im Internet kursieren, und die Werbung für solche Aufenthalte zum Selbstläufer machen. Denn auf Facebook und anderen sozialen Netzwerken wimmle es nur so von den Bildern der Freiwilligen, vorzugsweise von strahlenden einheimischen Kindern umringt.
Kascak unterscheidet dabei zwischen drei unterschiedlichen Bilder-Typen: "The suffering other" (die leidenden Anderen), bildet Armut und Krankheit – zum Beispiel ein Kind mit verschmutzten Kleidern und Wasserbauch – ab. Die zweite Kategorie, "The self-directed samaritan", bildet eine weisse Person ab, die inmitten der schwarzen Lokalbevölkerung steht, lächelnd, und ganz in ihrer Rolle als Helferin aufgeht. Oft wird diese Rolle zusätzlich durch einen Arztkittel oder ähnliches hervorgehoben, die weisse Helferin oder der Helfer hebt sich deutlich von den Einheimischen ab, die Rollenverteilung ist klar. Die dritte Kategorie, das "Overseas-Selfie", sei mit der zweiten Kategorie zwar eng verbunden – allerdings komme der narzisstische Aspekt beim "Overseas-Selfie" noch stärker zum Ausdruck. In solch einem Foto, das vorzugsweise im Internet verschickt wird, sind der oder die fotografierte Weisse das einzige Subjekt, die "Anderen" werden nicht als eigenständige Personen verstanden, sie existieren sozusagen nur in Verbindung mit dem westlichen Freiwilligen auf dem Bild.
Wie Kascak schreibt, habe auch sie sich damals von den Bildern anderer StudentInnen zu ihrem ersten Afrika-Trip verleiten lassen. Auf ihrer ersten Freiwilligen-Mission knipste sie dann selbst über 200 Bilder, wobei sie jene, die sie von Facebook&Co. kannte, imitierte. Doch zunehmend wurde es ihr unwohl in dieser Rolle, und irgendwann liess sie die Kamera ganz zuhause. Ihr wurde immer mehr bewusst, dass jenes "Afrika", das von den Kameras und I-Phones der VolontouristInnen abgelichtet wird, nichts mit der Realität zu tun hat – es sei vielmehr ein imaginärer Raum, von alten kolonialen Strukturen und Narzissmus geprägt.
Zudem täusche diese visuelle Selbstinszenierung über die negativen Aspekte der Freiwilligenarbeit hinweg: In Ghana zum Beispiel drohe das Gesundheitssystem wegen solcher Volontourism-Angebote zusammenzubrechen, die Bevölkerung verzichte zunehmend auf Krankenversicherungen, und mache sich somit von den Hilfsorganisationen abhängig.
Kascak fordert ihre MitstudentInnen daher dazu auf, sich erst kritische Gedanken zu machen, bevor sie an einem solchen Projekt teilnehmen. Und vorallem: ihre I-Phones zuhause zu lassen.