Neue Geldkreisläufe
Das Wort Geld gibt es nur in der Einzahl. Es gibt zwar viele verschiedene Währungen, aber sie alle sind Geld – nämlich ein universelles Zahlungsmittel. Dennoch gibt es in Basel noch zusätzliche Geldarten. Und zwar nicht nur die Guthaben der auch gemeinhin bekannten Basler WIR-Bank, bei der kleine und mittlere Unternehmen sich gegenseitig Leistungen verrechnen. Sondern auch das nur wenigen geläufige Regionalgeld BonNetzBon, kurz BNB. Die Genossenschaft Netz Soziale Ökonomie gibt die Scheine seit sechs Jahren heraus und erfährt seit der Finanzkrise ein breiteres Wachstum.
Der BNB soll gerade kein universelles Zahlungsmittel sein. Die Scheine sind vielmehr an eine bestimmte Idee geknüpft. Wer mit dem BNB einkauft, will ein klares Ziel unterstützen. "Unser Geld ist an bestimmte Werte gebunden", sagt Isidor Wallimann, Präsident des Netzes Soziale Ökonomie und Professor für Soziologie und Volkswirtschaft an der Fachhochschule für Soziale Arbeit beider Basel. Denn Geld ist eben nicht nur Tauschmittel. Es schafft und zementiert immer ein bestimmtes System.
Soziales Geld
Im Fall des BNB sollen sozial und ökologisch wirtschaftende Geschäfte und Betriebe in Basel und Umgebung unterstützt werden. Mit den Scheinen kann so im Ökoladen oder dem Teehuus in Binningen bezahlt werden. Gut 70 Betriebe sind mittlerweile dabei. Das Alternativgeld will einen eigenen Wirtschaftskreislauf schaffen, der den Einkauf in bestimmten Läden stützt.
Genau das ist das Motiv für die Gründung von zusätzlichen Währungen, die neben der offiziellen Währung bestehen. Denn der Franken sagt nichts aus über die Art, mit dem eine Ware erwirtschaftet wurde. Auch Finanzmarktspekulationen sind mit ihm möglich. Beim Franken zählt nur die Summe, nämlich Quantität statt Qualität. Der japanische Ökonom Toshiharu Kato drückt das so aus: "Ob ein Umsatz von zig Millionen von einem einzigen Grosskonzern erzielt wird oder von einer Vielzahl kleiner und mittlerer Unternehmen, ist für das Ergebnis – wie es sich zum Beispiel im Bruttosozialprodukt darstellt – gleichgültig. Doch in der Praxis ist der Unterschied gewaltig. Denn dahinter stecken verschiedene Qualitäten von Ökonomie."
Deswegen ist 1934 das WIR-System zur Förderung des Mittelstands in der ganzen Schweiz gegründet worden. Die 60 000 Mitgliedsfirmen werden so animiert, statt einem Grosskonzern oder einer ausländischen Firma ihre Aufträge lieber einem anderen KMU zu vergeben und sich bei der WIR-Bank verbuchen zu lassen. Durch Arbeiten für andere KMU können sie dies dann wieder ausgleichen; die WIR-Bank funktioniert also wie ein bargeldloser Tauschkreis.
Geldwelt
Der BNB will nun noch gezielter als das WIR-System eine bestimmte Wirtschaftsform fördern. "Nicht das Geld selbst ist das Ziel, sondern es soll eine bestimmte Welt schaffen." Und zwar in Basel. Das Geld ist nicht nur auf ethische und ökologische Läden beschränkt, sondern eben auch regional gebunden.
Mittlerweile sind zwischen 25 000 und 30 000 BNBs in Basel im Umlauf, ihr Wert entspricht dem des Franken. Der Zuwachs in der jüngsten Zeit ist beachtlich, vor zwei Jahren waren es noch 17 000. Die Zahl der Leute, die die Scheine nutzen – und damit auch die Verteilung und Geschwindigkeit, mit der der BNB zirkuliert – ist nicht bekannt.
Geld funktioniert aber nur, wenn es auch zirkuliert, also als Tauschmittel eingesetzt werden kann. Das ist ein Problem bei Währungen, die auf bestimmte Teilnehmer begrenzt sind.
Die WIR-Bank hat deswegen festgelegt, dass nur ein Teil der Leistungen im WIR-System abgerechnet werden dürfen. "Wir wollen nicht, dass die Leute in WIR versaufen", sagt Hervé Dubois von der WIR-Bank. Jedes Unternehmen soll sich ein Jahresbudget machen, wie viel WIR es einnehmen und auch wieder sinnvoll ausgeben kann. Denn da die Nutzung begrenzt ist, muss sie geplant werden. Löhne und Steuern können nicht mit WIR-Guthaben gezahlt werden. WIR kann, anders als der BNB, nicht in Franken zurückgetauscht werden.
Kaufkräftig
Dabei nutzt ein volles WIR-Konto niemanden, es wirft keinen Zins ab und ist brachliegende Kaufkraft. Dieses Geld ist nicht dazu da, um Reichtum anzuhäufen, sondern es soll unter die Leute. Der WIR-Umsatz beträgt so 1,6 Milliarden (der Wert entspricht dem Franken). Bei 800 Millionen WIR, die im Umlauf sind, heisst dies, dass jedes WIR-Guthaben zwei Mal im Jahr die Hände wechselt. Verglichen mit den offiziellen Währungen, die täglich zigfach hin- und hergeschoben werden, ist das lachhaft. Allerdings flackern bei den Geschäften mit Franken, Euro oder Dollar, die eben grösstenteils bei Finanzmarktspekulationen über die Bühne gehen, die Beträge nur auf den Computerbildschirmen der Banker. Mit Realwirtschaft hat das nichts zu tun.
Das WIR-System und der BNB sind dagegen äusserst beschränkt und deswegen ist diese Art von Geld auch oft unbeliebt. Die WIR-Guthaben werden teilweise gar mit Wertabschlag weitergereicht. Aber in der Beschränkung liegt gerade der Sinn: Nur bestimmte Geschäfte sollen gefördert werden.
So ist klar, dass sich auch der BNB mit der Zirkulation schwertut. Die Birsig-Buchhandlung in Binningen wusste nicht wohin mit den BNB, die in ihren Laden getragen wurden, und hat die Scheine in Franken zurückgetauscht. Der Ökoladen, der seit der Gründung beim BNB dabei ist, macht zwar in der Genossenschaftsbeiz Hirscheneck mit BNB seine Firmenessen, aber dennoch wird der grösste Teil des Regio-Geldes wieder in den universellen Franken getauscht.
"Wenn die Betriebe den BNB zurücktauschen wollen, ist das ganz ihre Sache. Es gibt keinen Druck zur Zirkulation. In diesem Sinne hängt die Zirkulation eben auch vom Idealismus, dem Goodwill und der Fantasie der Beteiligten ab", sagt BNB-Gründer Wallimann. In den vergangenen drei Jahren habe sich die Zahl der Betriebe, die den BNB entgegennehmen, dennoch in etwa verdoppelt. Sprich: Es gibt noch viel Potenzial.
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Die Beiz als Bank
Während das WIR-System auf kleine und mittlere Unternehmer beschränkt ist, steht der Bezug von BonNetzBons (BNB) für alle offen. Die Scheine können gegen Franken bei der Genossenschaft Soziale Ökonomie sowie in der Beiz Hirscheneck eingetauscht werden. Geplant ist für die Zukunft auch ein Bezug über eine lokal verwurzelte Bank. Eine Liste mit allen Geschäften und Betrieben, wo mit den Scheinen eingekauft werden kann, gibt es im Internet. In BNB können ausserdem kleinere Kredite bezogen werden, die je nach Fall zinslos sind. Beim Rücktausch in Franken gibt es fünf Prozent Verlust sowie eine Gebühr von 20 Franken.isa
www.viavia.ch/netzbon
Der Text erschien am 29.03.2010 in der Basler Zeitung. Mit freundlicher Genehmigung.