Nach jahrelanger Vorbereitung und hartem Ringen um Formulierungen in den letzten Wochen haben die 174 Mitgliedstaaten der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zum Abschluss ihrer Jahreskonferenz am 17. Juni 1999 die neue Konvention gegen die schlimmsten Formen der Kinderarbeit verabschiedet, einstimmig und ohne Enthaltungen. Ergänzend zur Konvention Nr. 138 von 1973, die das Mindestalter für die Zulassung zu einer Beschäftigung auf 15 Jahre festlegt, verpflichtet die neue Übereinkunft die Unterzeichnerstaaten, unverzüglich Massnahmen zu ergreifen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren vor Sklaverei, Zwangsarbeit und Zwangsrekrutierung, Handel, Prostitution, dem Einsatz für pornografische Darstellungen und kriminelle Handlungen sowie vor Arbeiten, welche die Gesundheit, Sicherheit und Moral der jungen Menschen gefährden. Laut ILO sind von den 250 Millionen weltweit werktätigen Kindern heute rund 60 Millionen in solche Beschäftigungen eingespannt, die zu den schlimmsten Formen der Kinderarbeit gezählt werden müssen. Eigentlich wären diese Formen der Ausbeutung von Kindern rund um den Globus längst verboten. Doch Verbote nützen nichts, wenn zunehmende Armut und fehlende Bildungsmöglichkeiten in vielen Teilen der Welt immer mehr Kinder in die Arbeit treiben und gleichzeitig in der globalisierten Wirtschaft die Nachfrage nach immer billigeren, flexibleren Arbeitskräften steigt. Die neue ILO-Konvention bedeutet denn auch eine Wende zum Pragmatismus in der Bekämpfung der Kinderarbeit, indem nun mit einem wirksameren Instrument den krassesten Missständen gezielt zu Leibe gerückt werden soll. Positiv beurteilt wird das Verhandlungsergebnis auch von Asha de Souza, Mitarbeiterin von terre des hommes suisse und Koordinatorin des Genfer Sekretariates des „Global March“. Mit dem „Global March“, einem weltweiten Sternmarsch, haben Kinderschutzorganisationen im letzten Jahr gegen ausbeuterische Kinderarbeit mobilisiert und ihre Anliegen direkt in die Vorbereitungen zur neuen Konvention bei der ILO eingebracht. Auch dieses Jahr fanden wiederum werktätige Kinder
aus allen Kontinenten Gehör bei den Delegierten der ILO-Konferenz und bei politischen Verantwortlichen; so etwa bei Bundespräsidentin Ruth Dreifuss, die den jungen Leuten einen warmen Empfang bereitete und ihre Anliegen vor die ILO weitertrug, bei Mary Robinson, der UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, und beim neuen Generaldirektor der ILO Juan Somavia. Diese einzigartige Mobilisation hat entscheidend zur griffigen Ausgestaltung der neuen Konvention beigetragen: So sollen die Betroffenen künftig in die Erarbeitung von Massnahmen einbezogen werden, und ausreichende Schul- und Berufsbildung soll künftig von den Staaten bereitgestellt werden; weiter wurden explizit Präventions- und Armutsbekämpfungsprogramme in der Übereinkunft verankert. Entgegen den Befürchtungen von Kinderschutzorganisationen wurde der Text der Konvention im letzten
Moment auch nicht verwässert; so bleibt das Schutzalter für all diese gefährlichen Arbeiten bei 18 Jahren festgesetzt, und zumindest die obligatorische Aushebung von Soldaten unter dieser Altersgrenze wird als eine der schlimmsten Formen der Kinderarbeit definiert. Die internationale Gemeinschaft hat ein klares Signal gesetzt; jetzt soll die neue Konvention rasch und breit ratifiziert werden, fordert Asha de Souza im Namen des „Global March“. Bereits im Jahre 2002 will die ILO eine erste Bilanz über die Umsetzung der neuen Konvention ziehen./plus

Quellen: New ILO Convention and Recommendation Concerning the Prohibition and Immediate Elimination of the Worst Forms of Child Labour auf http://www.ilo.org; Pressemitteilung des „Global March“ vom 17.6.99; Interview mit Asha de Souza, Mitarbeiterin von terre des hommes suisse und Koordinatorin des Genfer Sekretariates des „Global March“, vom 18.6.99