Dies ist das ernüchternde Fazit der Studie der bekannten Akademikerin Stroma Cole. Die frühere Vorstandsvorsitzende von Tourism Concern, einer NGO in London, die sich weltweit für ethischen Tourismus einsetzt, doziert heute Tourismusgeographie an der University of the West of England. Sie erforschte während Monaten die Ursachen und Auswirkungen der Wasserknappheit in Bali, die bereits zu ernsthaften sozialen Konflikten und Umweltproblemen geführt haben.
Cole stellte die Forschungsresultate im letztes Jahr erschienenen Buch "A Political Ecology of Water Equity and Tourism – A Case Study from Bali" vor. Die Zeitung Bali Daily veröffentlichte Auszüge aus ihrer Studie: "Bali ist ein wichtiges Fallbeispiel, denn 80 Prozent der Wirtschaft dieser indonesischen Insel hängen vom Tourismus ab, während der Tourismus seinerseits von einer guten Wasserversorgung abhängt."

Ungerechte Wasserverteilung führt zu Umweltproblemen und Konflikten

Laut dem Statistischen Amt Balis sind auf der Insel 481’000 Personen – ein Viertel der Beschäftigten – im Tourismus tätig, und die Branche liefert einen Beitrag von 50 Prozent and das Bruttoinlandsprodukt. Damit hätte gemäss Stroma Cole Bali das Potenzial, als Laborbeispiel für den weltbesten Tourismus zu dienen. Doch die Realität sieht anders aus.
Obwohl Wasser als eine der wichtigsten und knappsten Ressourcen des Tourismus erkannt werde, sei der Wirtschaftszweig für seine Wasserverschwendung bekannt, so Cole. Die Tourismuswirtschaft verbrauche 65 Prozent des auf der Insel verfügbaren Wassers. "In vielen Tourismusdestinationen, darunter Bali, hat die Wasserversorgung einen kritischen Punkt erreicht, und der Tourismus hat massive Auswirkungen auf das hydro-ökologische System", so Cole. Die Wasserkrise in Bali sei durch das Zusammenwirken verschiedener politischer und umweltbedingter Faktoren verursacht worden, die sich in unterschiedlicher Weise auf die verschiedenen gesellschaftlichen Akteure auswirken.
"Die aktuelle Situation führt zu einer ungerechten Verteilung; Wasser wird von der Landwirtschaft für den Tourismus abgezweigt, TouristInnen und Einheimischen stehen ungleiche Anteile zur Verfügung. Daher führt der Zuteilungsprozess immer wieder zu Spannungen und Konflikten zwischen verschiedenen Bedürfnissen und Anspruchsgruppen. Leider sind sich die meisten Stakeholder im Tourismus nicht bewusst, wie wichtig es ist, Wasser zu sparen", bedauert Cole und stellt fest: "Die Folgen der touristischen Wasserübernutzung sind auf ganz Bali spürbar: Der Grundwasserspiegel sinkt, der Boden sinkt ab, Salzwasser dringt ins Grundwasser ein und die Wasserqualität verschlechtert sich."
Am meisten ist die Landwirtschaft vom Wassermangel betroffen. Dies führt vor allem bei den Reisbauern immer wieder zu Konflikten. Hinzu kommen Konflikte zwischen den Behörden, die für die Zuteilung des Wassers zuständig sind, den Pekaseh (den Leitern der traditionellen "Subak"-Reisbauwirtschaft) und den Dörfern, die Tourismusentwicklung erlauben oder privaten Trinkwasserabfüllfirmen Konzessionen erteilen.
Coles Untersuchung zeigt, dass gerade die ärmsten und am meisten benachteiligten Bevölkerungsgruppen am stärksten an Wasserknappheit leiden: Ihre von Hand gegrabenen Brunnen trocknen aus, doch können sie sich keinen Anschluss ans Wasserversorgungssystem der Insel leisten. Gemäss jüngsten Daten haben 1,7 Millionen der 3,9 Millionen EinwohnerInnen Balis keinen angemessenen Zugang zu sauberem Wasser.

Der Tourismus kann nicht im gleichen Mass weiterwachsen

Wie Djinaldi Gosana, Geschäftsführerin der Bali Hotel Association, kürzlich erklärte, verbrauchen die Vier- und Fünfsternhotels auf Bali mindestens 50’000 Liter Reinwasser pro Tag. Dazu kommt noch der Verbrauch der Hotels ohne Sterne, Villen und neuen Unterkunftstypen wie Ferienwohnungen oder Condotels (Hotelanlagen mit Eigentumswohnungen). "Zusätzlicher Druck kommt vom immer variantenreicheren und ausgeklügelten Wasserangebot in Tourismusanlagen für die wohlhabende und anspruchsvolle Kundschaft, wie Luxus-Spas, Villen mit eigenem Pool und Whirlpools", erklärt Cole weiter: "Massentourismus ist eine wasserintensive Branche, deren Wachstum in Bali nicht aufrechterhalten werden kann."
Seit sich Bali anfangs der Siebzigerjahre unter Suhartos Regime im Zeichen des wirtschaftlichen Aufschwungs für den Massentourismus geöffnet hat, stieg die Zahl der Hotels und Tourismusanlagen sprunghaft an. 1987 gab es auf Bali 5’000 Hotelzimmer, bis Juli 2012 ist diese Zahl laut der Bali Tourism Agency auf 90’000 angestiegen.
"Der Wassermangel in Bali ist ein sozialpolitisches Phänomen. Das Problem kann nur gelöst werden, wenn auf politischer und Führungsebene ein Umdenken stattfindet", folgert Cole: "Bali kann nicht bis 2015 warten. Die Wasserkrise steht bereits auf der Türschwelle."