Im Herbst 2013 gab Ecuador im Namen einer grösseren Gruppe von insgesamt 85 Staaten eine Erklärung im UNO-Menschenrechtsrat – also dem gleichen Gremium, welches 2011 die UN-Leitprinzipien einstimmig verabschiedete – ab. Darin wurde die Staatengemeinschaft aufgefordert, den Schritt von den für Unternehmen rechtlich nicht verbindlichen Leitprinzipien hin zu einem verpflichtenden Rahmenabkommen zu vollziehen. Über den genauen Inhalt eines solchen Abkommens ist noch nichts bekannt. An der kommenden Session des UN-Menschenrechtsrates im Juni soll eine entsprechende Resolution vorgeschlagen werden. Diese wird die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zum Inhalt haben, welche damit beauftragt werden soll, den Entwurf für ein verbindliches Abkommen auszuarbeiten.

Bedeutung für die Praxis

  • Im UNO-Menschenrechtsrat ist eine intensive Diskussion über die nächsten Schritte nach den 2011 verabschiedeten UN-Leitprinzipien in Gang gekommen; der Vorstoss von Ecuador et al. zielt auf ein umfassendes, verbindliches Abkommen im Bereich Menschenrechte und Wirtschaft.
  • Die Session des Menschenrechtsrats im Juni 2014 wird zeigen, welche Richtung diese Bestrebungen innerhalb der UNO einschlagen werden. Bei Annahme der Resolution würde zunächst in einem ersten Schritt eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die einen Entwurf für ein Abkommen auszuarbeiten hätte.
  • Aus heutiger Sicht stehen einem derartigen Abkommen eine Reihe politischer und rechtlicher Schwierigkeiten entgegen, weshalb zumindest mittelfristig nicht mit einem Abschluss zu rechnen ist.

Es ist unumgänglich, bei der Beurteilung der Umsetzungschancen eines solchen Vorhabens einen kurzen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Den UN-Leitprinzipien war in der UNO eine rund dreissigjährige und äusserst umstrittene Debatte zur Schaffung verbindlicher Normen für Unternehmen vorausgegangen. Der letzte Versuch, den Staaten verbindliche Vorgaben zu machen, wie die menschenrechtliche Verantwortung von Unternehmen zu gestalten sei ("Draft Norms on the Responsibilities of Transnational Corporations and Other Business Enterprises with Regard to Human Rights"), scheiterte 2003 gleichermassen am Widerstand von Unternehmen und Staaten. Erst mit dem neuen Ansatz von John Ruggie, der sich weniger an der formellen Verbindlichkeit als an der Wirksamkeit von menschenrechtlichen Pflichten für Unternehmen orientierte, wurde eine Diskussion, an der sich alle Stakeholder beteiligten, möglich.
Im Vorfeld der Verhandlungen im Menschenrechtsrat und ohne detaillierte Kenntnis der vorgeschlagenen Resolution ist es schwierig einzuschätzen, ob die mit dem Ecuador-Vorstoss verbundene Akzentverschiebung auf staatliche verbindliche Massnahmen die aktuellen dynamischen Entwicklungen eher unterstützen oder bremsen würde. Eine vertiefte Analyse dieser Entwicklungen unter Bezugnahme der Rolle der Schweiz folgt deshalb im Nachgang zur Juni- Session des Menschenrechtsrats.