Die brasilianische Regierung gab letztes Jahr grünes Licht für den Bau des weltweit drittgrössten Wasserkraftwerks Belo Monte am Xingu-Fluss im brasilianischen Amazonas. Alstom Power, eine Tochtergesellschaft der französischen Alstom, sowie Andritz und Voith Hydro unterzeichneten im Februar und März dieses Jahres Verträge mit der brasilianischen Firma Norte Energia. Sie beabsichtigen, Energieanlagen im Wert von rund 500 Millionen Euro zu liefern.
Da zahlreiche Auflagen in den Bereichen Umweltschutz und Menschenrechte nicht eingehalten worden sind, gingen der Bewilligung des umstrittenen Staudammprojekts verschiedene Beschwerden voraus. Es muss zudem mit weiteren Klagen gerechnet werden, weil auch die Rechtmässigkeit des Bewilligungsprozesses in Frage steht. Aber der geplante Bau des Staudamms Belo Monte birgt nicht nur juristische Risiken: ÖkonomInnen rechnen aufgrund von topologischen, klimatischen und geologischen Aspekten mit einer Kostenüberschreitung von rund 50%. Zudem wird der Staudamm lediglich in der Regenzeit die erwartete Maximalleistung erbringen – in der Trockenzeit fällt diese fast auf Null.
Trotz weit reichenden Auswirkungen wurde die von den Folgen des Staudammbaus betroffene Bevölkerung weitgehend vom Entscheidungsprozess ausgeschlossen. Das Einverständnis der indigenen Gemeinschaften wurde entgegen internationalen Verpflichtungen nicht eingeholt. Der Bau des Staudamms würde nicht nur zur Zwangsumsiedlung von 20‘000-40‘000 Personen führen, sondern auch den Wasserlauf des Xingu-Flusses massiv verringern, wodurch Fischer und Kleinbauern die Lebensgrundlage entzogen würde. Am schlimmsten betroffen wären diejenigen Indigenen, die in freiwilliger Isolation in der Nähe des Staudammes leben.
Das Staudamm-Projekt könnte gemäss den brasilianischen Behörden zudem rund 100‘000 Menschen in die empfindliche Regenwaldregion anziehen. Bereits gibt es auch Pläne für den Abbau von Bodenschätzen, für den Bau weiterer Staudämme und von Infrastrukturprojekten – zum Teil mitten in den Indigenenreservaten. Dies hätte gravierende Konsequenzen für die Umwelt und die dort lebende Bevölkerung.
Die 14 Schweizer Organisationen Gesellschaft für bedrohte Völker, Alliance Sud, Arbeitsgruppe Schweiz Kolumbien, arbeitskreis tourismus & entwicklung, Erklärung von Bern, Fastenopfer, Greenpeace Schweiz, Helvetas, Incomindios, Solifonds, Swissaid, terre des hommes schweiz, Verein ABAI Freunde und WWF Schweiz sowie 25 österreichische und 14 deutsche Organisationen fordern heute aus den oben genannten Gründen Alstom Power in einem Schreiben auf, von dieser Beteiligung Abstand zu nehmen. Der gleiche Appell erging heute an Voith Hydro und an Andritz.
Den ausführlichen Wortlaut des Appells finden Sie hier.
Lesen Sie auch: "Dolchstoss ins Herz von Amazonien"
Folgende Organisationen haben den Appell unterstützt:
Schweiz: Alliance Sud, Arbeitsgruppe Schweiz Kolumbien, arbeitskreis tourismus & entwicklung, Erklärung von Bern, Fastenopfer, Gesellschaft für bedrohte Völker Schweiz, Greenpeace Schweiz, Helvetas, Incomindios, Solifonds, Swissaid, terre des hommes schweiz, Verein ABAI Freunde, WWF Schweiz
Deutschland: Aktionsgruppe Indianer und Menschenrechte, Arbeitsgemeinschaft Regenwald und Artenschutz, ASW-Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt, Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR, Brasilieninitiativen Freiburg und Mandacaru, Campo Limpo – Solidarität mit Brasilien, Freunde der Naturvölker, Gesellschaft für bedrohte Völker Deutschland, KoBra Koordination Brasilien, OroVerde, Poema – Armut und Umwelt in amazonien, Regenwald-Institut Freiburg, Rettet den Regenwald
Österreich: Arbeitskreis Indianer Nordamerikas, Attac Österreich, Caritas Österreich, Dreikönigsaktion – Hilfswerk der Katholischen Jungschar, ECA Watch Österreich, FIAN-Österreich, Gesellschaft für bedrohte Völker Österreich, GLOBAL 2000, GLOBALE VERANTWORTUNG – Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe, Greenpeace Österreich, Grüner Klub im Parlament (Frauen und Entwicklungspolitik), HORIZONT3000, Katholische Aktion der Erzdiözese Wien, Katholische Sozialakademie ÖsterreichsKlimabündnis Österreich, Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission, Mali-Projekt, ÖKOBÜRO – Koordinationsstelle österreichischer Umweltorganisationen, Pax Christi Burgenland, Selbstbesteuerungsgruppe Bischof Kräutler, Verein der Freunde der PILGRIM-Schule, Welthaus Katholische Aktion – Wien, WIDE-Netzwerk Women in Development Europe