«Nicht nur gut vorbereitete MitbürgerInnen gehen auf Reisen»
"Verspüren Sie beim Eidgenössischen Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) ein wachsendes Sicherheitsbedürfnis der Reisenden?
Das Sicherheitsbedürfnis der Reisenden ist individuell sehr unterschiedlich. Es gibt Menschen, die eine Garantie haben möchten, dass sie praktisch auf die Minute genau aus den Ferien zurück kommen. Minutengenaue Flugpläne lassen vergessen, dass unvorhersehbare Ereignisse eingeplant werden sollten, und zwar finanziell und zeitlich. Nicht nur Streiks oder Unruhen können zu Verspätungen führen, sondern auch einfache technische Probleme des Flugzeugs, überlastete Flughäfen oder Eisenbahnnetze, wie die Schneefälle vor Weihnachten gezeigt haben. Viele Menschen sind verunsichert durch das latente Terror-Risiko, das sich weder zeitlich noch örtlich festmachen lässt. Kaum jemand hat hingegen Angst vor Verkehrsunfällen – dabei ist das Risiko auf der Strasse zu verunfallen viel höher als durch einen Anschlag zu Schaden zu kommen. Es gibt aber auch Menschen, die sich nicht von einer Reise abhalten lassen, obwohl das EDA von der Destination abrät.
Wieviele Personen erkundigen sich nach der politischen Situation im Lande?
Die Reisehinweise im Internet werden im Jahr rund 1‘450‘000 mal besucht. Diese Zahl ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Wir werten es sehr positiv, dass viele Personen nicht nur die Länderhinweise lesen, sondern auch die allgemeinen Reiseinformationen und Empfehlungen, z.B. Tipps für vor und während der Reise.
Was sind die häufigsten Fragen, die dem EDA gestellt werden?
Die Art der Anfragen hängen stark von den Ereignissen ab, über die die Medien berichten. Dies können politische Ereignisse sein, z.B. Unruhen, Terrordrohungen oder Anschläge. Aber auch Medienberichte über Quallen, Vulkanausbrüche und Krankheiten wie zum Beispiel Cholera können Anfragen auslösen. Da das EDA über keinen ärztlichen Dienst verfügt, müssen wir die Reisenden für medizinische Fragen aber an Fachleute verweisen, also den Hausarzt oder Impfzentren. Die häufigsten Fragen und die Antworten darauf publizieren wir unter der Rubrik "Häufig gestellte Fragen".
Auf welcher Grundlage erstellen Sie die Sicherheitshinweise im EDA?
Die EDA-Reisehinweise konzentrieren sich auf sicherheitsrelevante Informationen in den Bereichen Politik und Kriminalität. Unsere wichtigsten Informationsquellen sind natürlich unsere Botschaften und Konsulate im Ausland. Das wird auch in Zukunft so bleiben: Sie sind direkt vor Ort vertreten, gut vernetzt und unabhängig. Auch stehen wir in Kontakt mit dem Bundesnachrichtendienst. Es ist uns wichtig, unseren Leserinnen und Lesern eine möglichst objektive und unabhängige Einschätzung der Sicherheitslage bieten zu können.
Haben Sie in den letzten Jahren Ihre Informationsgrundlagen geändert oder neuen Entwicklungen angepasst?
Die Erwartungen an rasche Aktualisierungen der Reisehinweise sind gestiegen. Trotz knapper Ressourcen versuchen wir, dieser Entwicklung Rechnung zu tragen. Die Reisehinweise dürfen dennoch nicht mit einer Presseagentur verwechselt werden: Sie werden angepasst, wenn die Lagebeurteilung sich ändert. Und wir fordern die Reisenden auf, sich gut vorzubereiten, indem sie sich ein Bild über die Sicherheitslage und die kulturellen Besonderheiten machen, ihren Versicherungsschutz prüfen und so weiter. Auch während der Reise empfehlen wir, sich über die Medien auf dem Laufenden zu halten.
Wird das EDA in den letzten Jahren häufiger um Hilfestellung für Schweizer Reisende im Ausland gebeten?
Während über die letzten Jahre hinweg die Anzahl der betreuten Konsularschutzfälle stabil war, ist für das Jahr 2010 eine substantielle Zunahme absehbar – an der Zentrale des Eidgenössischen Departementes für Auswärtige Angelegenheiten in Bern ein Plus von 20 Prozent. Die Gründe dafür sind einerseits Katastrophen wie das Erdbeben in Haiti oder in Chile, oder die Unwetter im Norden Indiens (Ladakh), von denen auch zahlreiche Schweizerbürgerinnen und -bürger betroffen waren. Andererseits ist es aber auch so, dass nicht nur gut vorbereitete MitbürgerInnen auf Reisen gehen, die auch auf finanzieller Seite vorgesorgt haben. Personen, die ihr Ferienbudget an den minimalen Reisekosten orientieren, verzichten leider oft auf den Abschluss von Zusatzkranken- oder Reiseversicherungen. Allgemein können indes keine Trendwechsel bei den diversen Arten von Konsularschutzfällen festgestellt werden.
Inwiefern kann die Schweiz den Betroffenen helfen?
Für das EDA hat die Unterstützung von Schweizerinnen und Schweizern, die im Ausland in eine Notsituation geraten sind, eine sehr hohe Priorität. Die Definition des konsularischen Schutzes bedeutet aber auch, dass zuerst seitens der Schweizerbürgerin oder des Schweizerbürgers alle Möglichkeiten, sich selber zu helfen, ausgeschöpft werden müssen – Versicherung, Verwandte, Bekannte, Arbeitgeber und so weiter – bevor das EDA in einer Angelegenheit interveniert. Im Sinne der Prävention ist das EDA daran interessiert, die Eigenverantwortung der ins Ausland reisenden Mitbürgerinnen und Mitbürger zu stärken. Dies geschieht in erster Linie durch die auf der Internetseite des EDA publizierten Reisehinweise.
Wo sind der Hilfe durch die schweizerischen Vertretungen Grenzen gesetzt?
Unsere Auslandvertretungen sind an völkerrechtliche Normen gebunden. So können sie zwar Nachforschungen nach Vermissten in die Wege leiten, aber sie können keine polizeiähnliche Untersuchungen führen, sich in hängige Gerichtsverfahren einmischen oder Schweizer Bürgerinnen und Bürger, die gegen das Gesetz verstossen haben, ohne Gerichtsverfahren befreien. Sie können auch nicht als Bank oder Post fungieren und Geldbeträge für die Weiterreise und die Hotelkosten zur Verfügung stellen. Oder Mittel für Auslagen bei einemTodesfall, für Kautionen und Anwaltshonorare bei Haftfällen oder für Geldstrafen vorschiessen. Verlorene Pässe können ersetzt werden, doch es dauert einige Tage – Konsularbeamte kommen nicht an den Flughafen, um die Gültigkeit des Passes zu verlängern. Ausserdem werden die Kosten für bestimmte Dienstleistungen und die entstandenen Auslagen in Rechnung gestellt. Grundsätzlich helfen die Auslandvertretungen in Notfällen aber gerne, etwa indem sie beraten, Ärzte, Spitäler oder Anwälte vermitteln, dringende Nachrichten an Angehörige weiterleiten oder in Notfällen, wenn es keine andere Lösung gibt, eine rückzahlbare Überbrückungshilfe gewähren.
Weitere Informationen
Reisehinweise des EDA: www.eda.admin.ch/reisehinweise
Nützliche Informationen für die Reise finden Sie in der Broschüre:
Wenn einer eine Reise tut (pdf), sowie unter der Rubrik "Häufig gestellte Fragen": www.eda.admin.ch/eda/de/home/travad/faq.html
Über die Möglichkeiten und Grenzen der Hilfe durch Schweizer Auslandvertretungen informieren: Hilfe im Ausland (Konsularischer Schutz) www.eda.admin.ch/eda/de/home/travad/help.html