Basel, 28.06.2007, akte/ Zu einer gelungenen Olympiade gehört ein schöner Austragungsort. Da passen offenbar arme Landflüchtlinge nicht ins Bild. So berichtete die Menschenrechtsorganisation Centre of Housing Rights and Evictions mit Sitz in Genf am 5. Juni 2007, in Beijing müssten rund 1,5 Millionen Menschen gegen ihren Willen und ohne angemessene Entschädigung ihre Häuser verlassen. Besonders betroffen seien arme Arbeiter vom Land. Ihre Häuser würden für Sportstadien, Hotels, das olympische Dorf und andere Einrichtungen niedergerissen. Oft würden die Betroffenen in sehr abgelegene Gebiete mit schlechter Verkehrsinfrastruktur umgesiedelt. Dort kämen sie aufgrund der höheren Lebenshaltungskosten in Existenznot. Dem widerspricht das chinesische Aussenministerium: Niemand werde gezwungen, nur rund 6’037 Personen seien umgesiedelt und dafür entschädigt worden.
Als die Olympischen Spiele im Jahr 2001 an China vergeben wurden, versprach das Pekinger Bewerbungskomitee, dass die Zusage an Peking, Gastgeber der Olympischen Spiele 2008 zu sein, zur Entwicklung der Menschenrechte in China beitragen würde. Die Realität sieht jedoch ganz anders aus. In einer weltweiten Kampagne setzt sich Amnesty International im Vorfeld der Spiele für die Verbesserung der Menschenrechte in China ein. Die Menschenrechtsorganisation fordert die Abschaffung der Todesstrafe, die immer noch ohne fairen Prozess für 68 verschiedene Delikte verhängt werden kann, den Schutz von MenschenrechtlerInnen, welche bislang von willkürlichen Verhaftungen und Folterungen bedroht sind, die Aufhebung der Internetzensur, welche die Inhaftierung von Personen wegen demokratiefreundlicher Mails ermöglicht, sowie die Abschaffung der Umerziehungslager, wohin Personen auf Anordnung von PolizistInnen ohne Anklage oder Prozess bis zu drei Jahren geschickt werden können.
Auch gegen unerwünschte Haustiere macht Beijing mobil. Die Regierung liess 160 Gesundheitsfachleute in der Kunst der Kammerjägerei ausbilden. Sie will damit die Gefahr bannen, dass die Athletinnen und Athleten an Rattenbissen oder Stichen von Flöhen, Läusen, Hirschkäfern oder Ähnlichem erkranken. Die Ungezieferplage kommt nicht ganz von ungefähr: Trotz hohen Wachstums von 9,8 Prozent in den letzten zwölf Jahren ist ein öffentliches Gesundheitssystem praktisch inexistent. Das Land wurde vor vier Jahren stark kritisiert, als die Behörden Kliniken genau zur Zeit des Ausbruchs der SARS-Epidemie schlossen. Sie versäumten es auch, nach der SARS-Epidemie ein Frühwarnsystem einzuführen.
Am Luxus soll es hingegen nicht fehlen: Genau rechtzeitig zu den Sommerspielen soll in Beijing das Mandarin Oriental eröffnet werden, ein Luxushotel auf höchstem Standard, mit sechs verschiedenen Bars und Restaurants im Umkreis, und einem von einem Ring aus Wasser umgebenen runden Ballsaal. Es steht in einem Gebäudekomplex, der auch den Hauptsitz und die Produktionsstätten der China Central Telvision beherbergen wird. Ausserdem werden auf dem 550’000 Quadratmeter grossen Areal mit zwei Gebäuden und ausgedehnten Parkanlagen ein Theater, Aufnahmestudios und mehrere Kinos entstehen. Alles im zentralen Stadtteil Chaoyang.
Für die Sommerspiele werden 1,09 Millionen Tickets ausgegeben. Über ein Fünftel davon wurde seit der Eröffnung des Verkaufs im April bereits verkauft. Etwa drei Viertel der Billette sollen in China verkauft werden, der Rest steht dem ausländischen Publikum zum Erwerb offen.
Die grossen Investitionen in der Hauptstadt und den sechs Austragungsorten in China sollen sich auch langfristig lohnen. Bis zum Jahr 2015 sollen doppelt so viele ausländische TouristInnen nach China reisen wie ChinesInnen ins Ausland, nämlich 200 Millionen jährlich, prognostiziert die Welttourismusorganisation (UNWTO). Der Leiter des chinesischen Tourismusamtes Shao Qiwei sieht die olympischen Sommerspiele 2008 als wichtige Chance, die Tourismusindustrie anzukurbeln. Im Jahr 2006 sind gemäss Angaben von Shao Qiwei bereits 125 Millionen Ankünfte ausländischer TouristInnen registriert worden.

Quellen: 20 Minuten, 06.06.2007 www.20minuten.ch; SchweizerTouristik ST-Newsletter 21.+22.05.2007, www.schweizertouristik.ch; eTN Daily 18.+24.05.2007, www.travelindustryreview.com, Medienmitteilung der Schweizer Sektion von amnesty international, 06.05.2007, www.amnesty.ch