Guten Tag Dr. Sommerferien

Normalerweise plane und buche ich meine Ferien online über eine der bekannten Buchungsplattformen. So habe ich nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Sicherheit, das (für meine Bedürfnisse) beste Angebot zu finden. Bisher war ich auch der Meinung, dass solche Online-Buchungsplattformen nicht nur für grosse Tourismusanbieter, sondern auch für kleinere, unabhängige Anbieter eine Chance darstellen – denn durch die Filterfunktion kann sich jeder Reisende das perfekte Angebot heraussuchen. Hat man keine Lust auf All-Inclusive-Ferien, ist das kleine authentische Homestay nur ein Klick entfernt.

Letztens hatte ich allerdings eine Diskussion mit Bekannten von mir, die solchen online Buchungsplattformen sehr kritisch gegenüber stehen. Ihrer Ansicht nach sind diese nämlich vor allem für KleinanbieterInnen in den Destinationen eher ein Nach- als Vorteil.

Nun also meine Frage an Sie: Kann ich – ohne eine der bekannten Buchungsplattformen zu verwenden – auch Angebote von kleineren Tourismusanbietern finden und buchen?

Gespannt auf Ihre Antwort grüsst Sie

Anna H.

Liebe Anna H.

Auf den ersten Blick mag die Möglichkeit für lokale Tourismusunternehmen, ihre Angebote direkt online vermarkten zu können tatsächlich wie eine Chance wirken. Denn Zwischenhändler wie internationale Reiseveranstalter oder grosse nationale Tourismusunternehmen fallen weg, weshalb es den Anschein haben mag, dass die ungleichen Wirtschaftsbeziehungen angeglichen werden können. Die Realität ist jedoch leider eine andere: Online-Buchungsplattformen sorgen nicht für mehr Chancengleichheit, sondern bestimmen vielmehr die Zugangsregeln zum Markt. Sie bestimmen, welches Angebot wo erscheint, drücken durch, dass es nirgends billiger angeboten werden darf und fordern aggressiv Rabatte. Da können gerade kleine, familiengeführte Unternehmen oft nicht mithalten. Manche kennen sich mit den technischen Möglichkeiten des Online-Verkaufs auch schlicht zu wenig aus – oder es fehlt ihnen auch die konstante Internetverbindung, die es braucht, um sofort auf Kundenanfragen zu reagieren.

Anbieter, die mehr als ein paar lokale TouristInnen anziehen möchte, kommen heute um die grossen Online-Buchungsplattformen fast nicht mehr herum. Aber mehr und mehr nachhaltig wirtschaftende Anbeiter suchen nach alternativen Vertriebskanälen, wie den Sozialen Medien oder spezialisierten Plattformen. Wer beim Tourismusbüro einer Destination danach fragt, erfährt vielleicht von einer alternativen Plattform mit nachhaltigen Hotels oder TourGuides oder Aktivitäten. So kriegt man zwar immer noch nur Angebote von Anbietern, die die Infrastruktur und das Know-how für solche Buchungsplattformen haben, aber im besten Fall immerhin solche mit einem Nachhaltigkeitszertifikat. Empfehlungen gibt es auch auf fairunterwegs

Buchungsplattformen verändern auch das Reiseverhalten zum Nachteil der lokalen Anbieter. Die Gäste haben von zu Hause aus bereits Unterkunft, Guide, Aktivitäten und Sightseeings gebucht, und damit die lokalen Lieferketten gar nicht wahrgenommen. Besser wäre es, vom Hotel oder Homestay aus die Gegend zu erkunden, am lokalen Markt einzukaufen und sich dort gleich über die besten Angebote zum Kennenlernen des Gebiets informieren zu lassen. Gewiss erhält man dabei den einen oder anderen Geheimtipp. Das erfordert aber Zeit. Der beste Tipp, um der Online-Plattformdominanz entgegenzutreten ist es daher, sich genügend Tage für spontanes Entdecken einzuplanen.

Ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort etwas weitergeholfen zu haben!

Liebe Grüsse

Dr. Sommerferien