Bei der Lokalbevölkerung der beliebtesten Destinationen – von europäischen Grossstädten über Kreuzschiff-Anlegeorten zu Weltkulturstätten und Weltnaturerberegionen in Mexiko oder Thailand – ist der Geduldsfaden gerissen. Viele Menschen etwa in Barcelona oder Venedig sind nicht bereit, länger hinzunehmen, dass die Preise steigen, die Mieten in die Höhe schiessen, die Wohnungen zwecks touristischer Umnutzung gekündigt werden, sie im Dauerdichtestress Zeit beim Einkaufen verlieren und nirgends mehr unter sich sein können. Sie protestieren dagegen, dass eine Minderheit ihren Lebensraum als Goldgrube für die eigenen Profite nutzt, während sich die von der Allgemeinheit getragenen Lasten für Sicherheit, Abfallentsorgung oder Strassen- und Gebäudeunterhalt multiplizieren. Und schliesslich nerven sie sich über Gäste, die sich nicht um (Anstands)-Regeln scheren, weil sie ja im Urlaub sind.

"Tourists go home"-Tags oder Antitourismus-Demos sind ein Albtraum für Destinationsmanager und eine schlechte Publicity für den "Nachhaltigen Tourismus"! Aber vielleicht sind sie der Antrieb, den TouristInnen und Tourismusverantwortliche brauchen, um die dringende Tourismuswende endlich anzugehen. Denn der Overtourism wird nicht von selbst verschwinden. Er ist Symptom eines Systems mit falschen Anreizen, mit immer billigeren Flugtickets, Spekulation, einem boomenden Kreuzfahrttourismus und eines weitgehend unregulierten Airbnb-Individualtourismus.

Die bisherigen Nachhaltigkeitsbemühungen sind erst ein kleiner Anfang

Umfragen zufolge hat das Bewusstsein, wie wichtig die Sozial- und Umweltverträglichkeit für die Zukunft des Tourismus ist, bei Reisenden und Tourismusprofis in den letzten Jahren zugenommen. Doch der Overtourism zeigt: Nachhaltigkeit ist noch immer ein Randphänomen in der Reisebranche und bei den Reisenden. Das reichste Zehntel der Menschheit reist tendenziell öfter, fliegt häufiger, bleibt kürzer und vergrössert damit seinen ökologischen Fussabdruck. Der Anteil der Tourismusbetriebe, die sich einer Nachhaltigkeitszertifizierung unterzogen hat, liegt global im einstelligen Bereich. Bei den über 100 Nachhaltigkeits-Zertifizierungen decken die meisten vorrangig Umweltaspekte ab – und sparen dem Unternehmen Geld, weil etwa Energie- und Wasserressourcen effizienter genutzt werden. Solange es aber bei der Nachhaltigkeit nur um das Geschäftsinteresse geht und nur so wenige Betriebe sich überhaupt darum kümmern, wird sich am Overtourism nichts ändern. "Der Tourismus hat uns kurzfristig reich gemacht, aber er tötet und langfristig", wird Aktivist Matteo Secchi aus aus Venedig von Spiegel online zitiert. "Zu viele wollen nicht mehr in dieser Stadt leben, sondern sie ausnutzen wie eine Prostituierte." 

Während sich die Menschen in Reykjavik oder Mallorca Sorgen machen, wie sie mit der Invasion der Individual- und PauschaltouristInnen umgehen sollen, jubelt die UNWTO zum Welttourismustag am 27. September 2017 weiter über das Wachstum der Branche und ist – irgendwie unverbindlich – fasziniert von der Frage, wie sich die stete Zunahme an internationalen Ankünften für das Wohl von Mensch und Erde nutzen liesse. Letztes Jahr wurde 1,235 Milliarden Mal ein Gast im Ausland empfangen, bis 2030 sollen es 1.8 Millarden Mal sein. Ein solches Wachstum überfordert nicht nur touristische Zentren, deren BewohnerInnen und das Gemeindewesen, sondern auch das Klima, die Artenvielfalt, und die Landschaft. Zudem schadet die Konzentration der Profite in den Händen Weniger dem Image der Branche und macht die heren Versprechungen zur Entwicklungswirkung des Tourismus wenig glaubwürdig.

Wer die Betroffenen fragt, erkennt die Grenzen schneller

Eine verantwortliche Tourismusentwicklung muss immer eine begrenzte sein. Sie muss sich messen lassen an ihrer Wirkung auf die Lebensqualität der beteiligten und betroffenen Menschen, auf die Lebensräume und die nachhaltige Entwicklung. Wer nur auf Tourismuswachstum fixiert ist, vergisst gerne die Wohnbevölkerung der Tourismusgebiete. Zukunftsfähig ist aber eine Entwicklung nur, wo die Betroffenen massgeblich mitbestimmen, wie diese aussehen soll. Dann erhält der Tourismus am ehesten den angemessenen Platz in einem Gesamt-Enwicklungskonzept – abhängig auch davon, wie verantwortlich die Betriebe wirtschaften. Schliesslich wissen die Ansässigen am besten, wie viele Gäste ihnen und der Entwicklung ihrer Heimat zuträglich sind.  
Lesen Sie dazu auch das spannende Interview mit Christine Plüss in der TAZ am Wochenende, 26./27.08.2017
Lesen Sie den Beitrag von Edith Kresta in der TAZ am Wochenende vom 26./27.08.2017 

"Tourists go home"-Tags oder Antitourismus-Demos sind ein Albtraum für Destinationsmanager und eine schlechte Publicity für den "Nachhaltigen Tourismus"! Aber vielleicht sind sie der Antrieb, den TouristInnen und Tourismusverantwortliche brauchen, um die dringende Tourismuswende endlich anzugehen. Denn der Overtourism wird nicht von selbst verschwinden. Er ist Symptom eines Systems mit falschen Anreizen, mit immer billigeren Flugtickets, Spekulation, einem boomenden Kreuzfahrttourismus und eines weitgehend unregulierten Airbnb-Individualtourismus.

Die bisherigen Nachhaltigkeitsbemühungen sind erst ein kleiner Anfang

Umfragen zufolge hat das Bewusstsein, wie wichtig die Sozial- und Umweltverträglichkeit für die Zukunft des Tourismus ist, bei Reisenden und Tourismusprofis in den letzten Jahren zugenommen. Doch der Overtourism zeigt: Nachhaltigkeit ist noch immer ein Randphänomen in der Reisebranche und bei den Reisenden. Das reichste Zehntel der Menschheit reist tendenziell öfter, fliegt häufiger, bleibt kürzer und vergrössert damit seinen ökologischen Fussabdruck. Der Anteil der Tourismusbetriebe, die sich einer Nachhaltigkeitszertifizierung unterzogen hat, liegt global im einstelligen Bereich. Bei den über 100 Nachhaltigkeits-Zertifizierungen decken die meisten vorrangig Umweltaspekte ab – und sparen dem Unternehmen Geld, weil etwa Energie- und Wasserressourcen effizienter genutzt werden. Solange es aber bei der Nachhaltigkeit nur um das Geschäftsinteresse geht und nur so wenige Betriebe sich überhaupt darum kümmern, wird sich am Overtourism nichts ändern. "Der Tourismus hat uns kurzfristig reich gemacht, aber er tötet und langfristig", wird Aktivist Matteo Secchi aus aus Venedig von Spiegel online zitiert. "Zu viele wollen nicht mehr in dieser Stadt leben, sondern sie ausnutzen wie eine Prostituierte." 

Während sich die Menschen in Reykjavik oder Mallorca Sorgen machen, wie sie mit der Invasion der Individual- und PauschaltouristInnen umgehen sollen, jubelt die UNWTO zum Welttourismustag am 27. September 2017 weiter über das Wachstum der Branche und ist – irgendwie unverbindlich – fasziniert von der Frage, wie sich die stete Zunahme an internationalen Ankünften für das Wohl von Mensch und Erde nutzen liesse. Letztes Jahr wurde 1,235 Milliarden Mal ein Gast im Ausland empfangen, bis 2030 sollen es 1.8 Millarden Mal sein. Ein solches Wachstum überfordert nicht nur touristische Zentren, deren BewohnerInnen und das Gemeindewesen, sondern auch das Klima, die Artenvielfalt, und die Landschaft. Zudem schadet die Konzentration der Profite in den Händen Weniger dem Image der Branche und macht die heren Versprechungen zur Entwicklungswirkung des Tourismus wenig glaubwürdig.

Wer die Betroffenen fragt, erkennt die Grenzen schneller

Eine verantwortliche Tourismusentwicklung muss immer eine begrenzte sein. Sie muss sich messen lassen an ihrer Wirkung auf die Lebensqualität der beteiligten und betroffenen Menschen, auf die Lebensräume und die nachhaltige Entwicklung. Wer nur auf Tourismuswachstum fixiert ist, vergisst gerne die Wohnbevölkerung der Tourismusgebiete. Zukunftsfähig ist aber eine Entwicklung nur, wo die Betroffenen massgeblich mitbestimmen, wie diese aussehen soll. Dann erhält der Tourismus am ehesten den angemessenen Platz in einem Gesamt-Enwicklungskonzept – abhängig auch davon, wie verantwortlich die Betriebe wirtschaften. Schliesslich wissen die Ansässigen am besten, wie viele Gäste ihnen und der Entwicklung ihrer Heimat zuträglich sind.  
Lesen Sie dazu auch das spannende Interview mit Christine Plüss in der TAZ am Wochenende, 26./27.08.2017
Lesen Sie den Beitrag von Edith Kresta in der TAZ am Wochenende vom 26./27.08.2017