«Ich bin unschuldig – das ist eine Verschwörung», kommentierte Alt-Rockstar Gary Glitter seine Verurteilung zu drei Jahren Gefängnis wegen unsittlicher Handlungen gegen zwei junge Mädchen in Vung Tau. Aber Richter und Publikum sahen das anders: Ihnen blieb bei der Beschreibung der «unsittlichen Handlungen» bisweilen die Luft weg. Das erste derartige Urteil in Vietnam kam unerwartet für Glitter und seinen Anwalt, die mit einem Freispruch gerechnet hatten.
Die Regierung Vietnams hat in den letzten 15 Jahren voll auf Entwicklung durch Tourismus gesetzt. Sie investierte beträchtliche Mittel in den Aufbau touristischer Infrastrukturen. Was dazu führte, dass das Land vom Tourismus buchstäblich überrollt wurde: Waren es 1990 noch eine Viertelmillion Ferienreisende, so ist diese Zahl inzwischen ums Elffache auf 3,4 Millionen gestiegen. Die Erträge aus dem Tourismus übersteigen die Regierungsinvestitionen um das Fünfzehnfache, die ausländischen Investoren haben das Land für sich entdeckt. Jetzt privatisiert die Regierung schrittweise Naturschutzgebiete zur touristischen Erschliessung durch in- und ausländische Investoren.
Für die Sicherheit der TouristInnen setzte die Regierung eine spezielle «Tourism Security Force» ein. Die Sicherheit der vietnamesischen Bevölkerung war für die Regierung hingegen lange kein Thema, adäquate Mechanismen für den Umgang mit sexueller Ausbeutung von Kindern und sexuellen Übergriffen fehlten ganz und gar. 2004 erhoben das UNO-Kinderhilfswerk UNICEF und die vietnamesischen Regierung, dass 3 Prozent der vietnamesischen Bevölkerung bereits sexuell belästigt worden sind, von Befummelungen bis zu Vergewaltigung. «Es scheint, dass die Behörden entschlossen sind, jetzt durchzugreifen», hofft Le Hong Loan, Leiterin der Abteilung Kinderschutz bei der UNICEF, und auch der stellvertretende Leiter der polizeilichen Ermittlungsbehörde, Nguyen Duc Trinh, sieht das Urteil als «Warnsignal» an Leute wie Gary Glitter, die nach Vietnam kommen wollen. Tatsächlich hat die Regierung angekündigt, eine Kampagne zu starten. Dem ist eine zehnjährige Partnerschaft mit der ASEAN, der australischen Regierung und der australischen Kinderschutzagentur Child Wise vorausgegangen mit dem Ziel, griffige Gesetze zu schaffen, sie besser durchzusetzen, ein besseres Monitoring einzurichten und Gefängnisstrafen für Kindersextouristen einzuführen. «Kürzliche Ereignisse haben gezeigt, dass es bitter nötig ist, unsere Kinder und unsere Tourismusindustrie zu schützen», erkärte Pham Tu, stellvertretender Direktor der Tourismusbehörde. «Wir werden in Partnerschaft mit den Tourismusunternehmen eine klare Botschaft aussenden, dass Kindersextouristen in Vietnam nicht willkommen sind.» /sah

Quellen: Tourism Scan 5.6.2006; new frontiers, March-April 2006; BBC News 24,11.2005; news.bbc.co.uk/1/hi/world/asia-pacific/4465598.stm; www.travelwirenews.com/cgi-script/csArticles/articles/00087/008770.htm; challenges.childwise.net; www.ecpat.org/our-vision.php