Panama: Selbstbestimmte Tourismusentwicklung im indigenen Kuna-Territorium
Kuna-Jugendbewegung wehrt sich gegen ausländische Investoren.
Basel, 24.05.2007, akte/ Das an der Atlantik-Küste Panamas in 12 Dörfern und auf 40 Inseln verteilt lebende Volk der Kuna hatte es schon den spanischen Erobern schwer gemacht. Dem unabhängigen Staat Panama trotzte es ebenfalls weitgehende Autonomie ab, seine Tradition der politischen Selbstverwaltung ist in Lateinamerika einzigartig. Wieso sollte es sich nun den TouristInnen unterwerfen?
Bereits vor gut zehn Jahren erliess der Kongress der Kuna ein Tourismus-Statut, das die touristische Entwicklung im Kuna-Territorium Kuna Yala regelt und BesucherInnen im Detail zu einem angepassten Verhalten verpflichtet. Fotografieren ohne ausdrückliche Bewilligung wird darin ebenso verboten (Art. 22a) wie das Spazieren in Badekleidern auf den Strassen des Kuna-Territoriums (Art. 22c) oder der Kuna-Bevölkerung Münzen, Gegenstände oder Esswaren hinzuwerfen (Art. 22h). Die meisten Kuna leben zwar von Landwirtschaft und Fischerei, doch haben sie auch jahrzehntelange Erfahrung mit dem Tourismus und deshalb in ihrem Tourismus-Statut mit der offenbar notwendigen Ausführlichkeit die Fragen des Verhaltens der TouristInnen, aber auch der wirtschaftlichen Kontrolle sowie der sozialen und ökologischen Angepasstheit behandelt.
Anfang 2007 sprach sich auch die Jugendbewegung der Kuna, Movimiento de la Juventud Kuna (MJK), explizit gegen ausländische Investitionen im Tourismus auf dem Kuna-Territorium aus: „Bei jedem neuen Fremdenverkehrsvorhaben kommt es zu Konflikten, Interessensgegensätzen mit Handel und Unternehmertum, territorialen Auseinandersetzungen, Brandstiftung, gewaltsamen Übergriffen auf Nichteinheimische, Zerstörung von Fremdenverkehrsanlagen, Gesetzesverstössen und Störungen des Gemeinwesens unseres Kuna Volkes sowie zu einem Anstieg des Sextourismus, der Kinderprostitution und Drogenabhängigkeit“, begründen sie ihren Beschluss in der Verlautbarung vom 11. Januar 2007. Es seien hauptsächlich Reiseveranstalter, Fluggesellschaften, ausländische Kreuzfahrtschiffe und die schwimmenden Hotels (Yachten), die den größten Nutzen aus dem Tourismus in Kuna Yala zögen, nicht zu vergessen auch einige einheimische Unternehmer. Die Gemeinschaften würden jedoch nur ein geringes Einkommen durch den Verkauf von Kunsthandwerk und aus Steuereinkünften erzielen.
Wie könnten die Kuna ausländische Investitionen ins Land lassen, so lange die wesentlichen Probleme in Kuna Yala nicht gelöst seien – darunter der Schutz von Ressourcen, die Verbesserung der sehr schlechten Ernährungslage oder Gebietskonflikte zwischen Siedlern und Kunas, fragen die Jugendlichen. Gefordert sei eine politische und wirtschaftliche Planung, in der die Kuna selbst die Regeln für die Tourismuswirtschaft festlegen, ohne Einmischung durch den Zentralstaat und internationale Finanzinstitutionen. Auch dürften private Kuna-Unternehmen nicht alle Gewinne aus dem Tourismus alleine einstreichen. Vielmehr sollten die Gemeinschaften selbst die Verwaltung und Verteilung der Gewinne übernehmen, damit diese zur Förderung der Kultur, zur Verbesserung des Sozialwesens und der Sportmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche eingesetzt werden können.
„Unsere Gesetze und Regelwerke haben wir von unseren Grosseltern geerbt, sie sind unser Vermächtnis an die kommenden Generationen. Wie können wir das Land, das nicht uns, sondern unseren Enkeln gehört, einfach verpachten?“ fragen die Jugendlichen in ihrer Verlautbarung. In Abhängigkeit vom Staat und der Willkür der Auslandsinvestoren werde das Kuna-Volk keine wirtschaftliche und politische Autonomie erreichen.
Quellen: www.almanaqueazul.org; Meldung von Christina Kamp, Tourism Watch 46/2007; Hausordnung für Paradies-Besucher von Mark Schmid, mosquito 1/1997; eigene Recherchen