Anfang August 2000 entführte eine Gruppe von Kayapo-Indigenen im brasilianischen Bundesstaat Pará sechzehn TouristInnen. Diese waren während einer Angeltour auf dem Fluss Curuá in das Gebiet der Kayapos eingedrungen. Mit der Entführung der TouristInnen wollten die Indigenen ihrer Forderung nach Demarkation des ihnen zugesprochenen Landes (Baú Reservation) Nachdruck verleihen. Seit zwanzig Jahren kämpfen sie für das Recht an ihrem angestammten Land. Seit 1991 besteht eine entsprechende staatliche Verfügung, die aber nie umgesetzt wurde. Die Kayapos drohten, ihre Geiseln umzubringen, wenn ihr berechtigter Anspruch nicht endlich erfüllt werde. Die drastische Aktion zeigte Wirkung: Der brasilianische Justizminister José Gregori beauftragte die zuständige Indigenenbehörde Funai, sofort mit der Demarkation der ihnen zustehenden 1,85 Millionen Hektaren Land zu beginnen. Aufgrund dieser Zusicherung wurden die 16 TouristInnen nach einer knappen Woche Gefangenschaft freigelassen. Doch nun liess die Funai plötzlich verlauten, die für die Finanzierung der Landabgrenzung benötigten 200’000 Real (ca. CHF 200’000) seien nicht vorhanden, nachdem sie vorher versichert hatte, die Finanzierung sei durch Mittel aus dem UN-Programm zum Schutz der tropischen Wälder gesichert. Auch wenn andere Ministerien bereit seien, Mittel beizusteuern, sei mit einem zeitraubenden und bürokratischen Prozess zu rechnen, dämpfte die Funai die Erwartungen der Kayapos. Heftigen Widerstand gegen die Demarkation leisten Bauernfamilien und Holzfäller rund um die Stadt Novo Progresso, deren Land innerhalb der Baú Reservation liegt. Sie fordern eine Verkleinerung des den Kayapos zugesprochenen Gebietes um 600’000 Hektaren, damit ihr Land nicht tangiert wird. Sie behaupten, das Land sei ihnen vom Landwirtschaftsministerium zugewiesen worden, diese behauptet jedoch, der Zugriff der SiedlerInnen auf dieses Gebiet sei illegal erfolgt. Obwohl die Funai den betroffenen Bauern und Holzfällern volle Kompensation verspricht, sind sie nicht bereit, das Gebiet zu verlassen. Zum Teil leben sie schon seit mehr als zehn Jahren dort und haben ihre Farmen von Grund auf aufgebaut. Die Behörden sind der Meinung, der Hauptgrund für ihre Weigerung sei das lukrative Geschäft mit den Mahagonybäumen, die in dem umstrittenen Gebiet weiterhin gefällt werden. Die SiedlerInnen – betroffen sind etwa 2000 Familien – haben sich inzwischen organisiert und wollen unter anderem mit juristischen Mitteln gegen die geplante Demarkation vorgehen. Ein Teil von ihnen hat sich bewaffnet und will notfalls mit Gewalt ihren Besitz verteidigen. Wegen der drohenden Eskalierung des Konflikts ist im Gebiet von Novo Progresso Bundespolizei stationiert worden. /cg

Quellen: O Estado de São Paulo, 10. und 13.8.2000; A Critica, 10.8.2000; Folha de São Paulo 1. und 5.8. 2000; Liberal, 2., 3., 4., 7., 9. und 10.8.2000; AFP-Meldung, 2.8.2000 (englische Übersetzungen unter www.amazonia.org.br/frame-news-eng.htm)