Paradise Paper: Wie die deutsche Hotelkette Meininger Steuern vermeidet
Die deutsche Hotelkette Meininger mit 20 Hotels in sechs europäischen Ländern ist auf günstige Übernachtungen spezialisiert. Sie wollte herausfinden, wie sie ihre Gewinne möglichst steuergünstig vom Ort, wo sie erarbeitet wurden, nach England zur Reisesparte von Holidaybreak transferieren kann. Dazu nahm sie die Dienste der Unternehmens-Beratungsfirma Deloitte in Anspruch. Deloitte riet, eine Briefkastenfirma im Steuerparadies Isle of Man zu eröffnen. Bei dieser solle Meininger einen Kredit von 135 Millionen Euro aufnehmen. Mit der Zahlung hoher Zinsen kann Meininger Gewinne auf die Isle of Man verschieben, wo sie steuerfrei sind. Deutschland entgeht so ein Millionenbetrag an Steuergeldern, ebenso den fünf anderen Ländern, in denen die Hotelkette tätig ist. Anschliessend werden die Gewinne von der Isle of Man nach England transferiert.
Um dieses Konstrukt für Steuerbehörden glaubhaft zu machen, wurde der Hotelkette Meininger nahegelegt, sie sollten einen Geschäftssitz auf der Isle of Man eröffnen. Dafür wurde die Offshore-Kanzlei Appleby engagiert – die ein Firmenschild im Keller anbrachte und gleich drei der Direktoren der Briefkastenfirma stellte. Die Hotelkette Meininger liess sich das jährlich 57’000 Euro kosten.
Die Paradise Papers belegen das Ausmass der Steuerumgehung
Dass im in der Gastro- und Tourismusbranche öfters Einnahmen nicht angegeben und Ausgaben überhöht werden, ist nicht neu. Dass bei gigantischen Bauprojekten mit Hotels-, Golfanlagen und anderen Freizeitangeboten öfters fragwürdige Geschäfts- und Finanzierungsmodelle im Spiel sind, wird immer wieder vermutet. Doch dank der "Paradise Paper" kann erstmals die Systematik der Steuervermeidung durch international operierende Unternehmen und Superreiche belegt werden.
2016 kamen durch ein Datenlecke 13,4 Millionen Dokumente vorwiegend aus der Kanzlei Appleby und einem weiteren führenden Dienstleister der internationalen Finanzindustrie sowie aus bislang unerforschten Handelsregistern von Steueroasen zur Süddeutschen Zeitung. Diese teilte den Fundus mit über 400 ReporterInnen von gegen hundert Medien weltweit. Die Dokumente, welche das internationale Rechercheteam während eines Jahres auswertete, zeigen die Ausmasse der verborgenen Geldgeschäfte, von denen multinationale Unternehmen und Banken, aber auch Superreiche, Prominente und Spitzensportler profitieren.
Während sich Deloitte zu den Vorwürfen nicht äussern mag, stellen sich Meininger, Hotelbreak und die Kanzlei Appleby auf den Standpunkt, es sei ja alles legal. Zurzeit prüft die Europäische Kommission, ob Grossbritannien mit dem Steuergesetz von 2013 gegen die Beihilfevorschriften verstösst: Es erlaubt britischen Konzernen, mithilfe von Offshorefirmen Steuern zu umgehen.
Geht es um Steuervermeidung, tauchen immer wieder die Namen der "Big 4" Unternehmens-Beratungsfirmen auf: Ernst & Young, PricewaterhouseCoopers (PwC), Deloitte und KPMG. Die Tricks, mit denen PwC für verschiedene Unternehmen Milliarden am Fiskus verschiedener europäischer Länder vorbeischleuste, standen 2014 bei den "Luxemburg Leaks" im Rampenlicht. Mit den Panama Papers zeigt sich, dass alle vier grossen Beratungsgesellschaften, die den Markt beherrschen, ähnlich Praktiken verfolgen und jeder Steueroase tätig sind. Sie erhalten aber auch immer wieder Beratungsaufträge von Regierungen – die gleichen Regierungen, die wegen der "Big 4" um ihre Steuereinnahmen geprellt werden.
Schweiz: Platz 1 der Schattenfinanzzentren
Steuerflucht macht Arme ärmer und Reiche reicher, kritisieren das Netzwerk Steuergerechtigkeit und das Tax Justice Network. Markus Meinzer vom Tax Justice Network meint dazu: "Diese Enthüllungen zeigen erneut, dass wir volle Transparenz über die wahren Eigentümer/innen von Firmen, Trusts und andere Rechtspersonen brauchen. Doch die Bundesregierung blockiert die Veröffentlichung dieser Daten gerade wieder bei der Überarbeitung der EU-Geldwäsche-Richtlinie."
Noch stärker als die Bundesregierung wehrt sich die Schweiz gegen Transparenz: Im jährlichen Ranking der weltweiten Schattenfinanzzentren hält die Schweiz den unrühmlichen ersten Platz inne. Dem Netzwerk Steuergerechtigkeit gehören unter anderem Gewerkschaften, Umweltverbände und wissenschaftliche Institutionen an.