Eine Gruppe von über fünfzig Gemeindevorstehern, die Millionen von Menschen im gesamten südlichen Afrika vertreten, hat in Grossbritannien ansässige Prominente aufgefordert, ihren Einfluss nicht mehr länger dazu zu nutzen, sowohl die Menschenrechte der verarmten Menschen zu untergraben als auch die Erhaltung der Wildtiere in der Region zu gefährden. 

In einem offenen Brief an Ricky Gervais, Joanna Lumley, Peter Egan, Ed Sheeran, Dame Judi Dench und Piers Morgan, die die Trophäenjagd in der Vergangenheit lautstark kritisiert haben, begrüssen die Gemeindeführer zwar das internationale Interesse an afrikanischen Wildtieren, warnen aber davor, dass Prominente Elefanten, Löwen und andere Wildtiere durch eine romantische, idealisierte Linse betrachten würden. Diese idealisierte Sichtweise sei allerdings weit von der Realität entfernt – AfrikanerInnen auf dem Land müssen täglich befürchten, dass ihre Kinder auf dem Weg zur Schule getötet werden könnten oder dass ihre Möglichkeit, ihre Familien durch Landwirtschaft zu versorgen, innerhalb weniger Stunden durch Elefanten auf den Feldern oder grosse Raubtiere unter ihrem Viehbestand zerstört wird.

Die Gemeindevorsteher laden daher Prominente, die an der Erhaltung der afrikanischen Tierwelt interessiert sind, zu einem Besuch ins ländliche Afrika ein. So sollen sie ein tieferes Verständnis für die Realitäten des Lebens an der Seite grosser, aber oft gefährlicher Tiere gewinnen. Den Verfassern des Briefs zufolge haben die prominenten Persönlichkeiten ihre Meinung zur Trophäenjagd kundgetan, ohne sich der Auswirkungen auf die Einheimischen – die nicht konsultiert wurden – oder die Tierwelt voll bewusst zu sein.

"Dies untergräbt unsere Rechte auf diese Ressourcen", sagt José Monteiro, Koordinator des mosambikanischen "Community Based Natural Resource Management"-Netzwerks (CBNR) und Unterzeichner des Schreibens. "Anti-Jagd-Aktivismus ist sicher gut gemeint, aber dabei stehen Menschenrechte auf dem Spiel. Das Recht der lokalen Bevölkerung, ihren Lebensunterhalt durch die nachhaltige Nutzung ihres Landes und ihrer Wildtiere zu verdienen, ist in internationalen und nationalen Gesetzen verankert und kann nicht durch einseitige Ansichten untergraben werden. Sie stehen nicht zur Debatte. Die Bemühungen um die Stärkung und Konsolidierung dieser Rechte sind in afrikanischen Ländern eine Herausforderung, da Alternativen für einen Lebensunterhalt von einer wirksamen Unterstützung in anderen Sektoren abhängen". 

Der Brief kommt aus aktuellem Anlass: Die Regierungen Grossbritanniens und der USA ziehen ein Importverbot für die Trophäenjagd in Erwägung. Solche Verbote, so die Briefverfasser vom CBNR,  könnten jedoch die afrikanische Tierwelt gefährden, weil sie die Anreize zum Schutz der Tiere und ihrer Lebensräume schwächen. 

Brian Child, ausserordentlicher Professor an der University of Florida, hat den Brief zwar nicht unterzeichnet, meint aber: "Das Verbot der Einfuhr von Trophäen wird die vierzigjährige Erhaltung der Gemeinden gefährden und die ländliche Wirtschaft Afrikas vernichten. Moderne, auf Wildtieren basierende Lebensgrundlagen ermöglichen es der lokalen Bevölkerung, Land für Löwen, Elefanten und viele andere bedrohte, aber weniger charismatische Tierarten zu schützen. Eine gut regulierte, hochwertige Jagd generiert eine Menge Einkommen. Sie bietet der lokalen Bevölkerung sowohl Anreize, die Kosten für die gefährlichen Tiere selbst zu tragen, als auch die Möglichkeit, stolz auf die Erhaltung ihrer eigenen Tiere zu sein und die Zuversicht, sich gegen koloniale Mentalitäten zu wehren, die ihre Rechte und Lebensgrundlagen bedrohen. Ohne eine qualitativ hochwertige Jagd und ohne das Recht, selbst Entscheidungen treffen zu können, werden weite Teile des Lebensraums für Wildtiere in Afrika in marginales Ackerland zerhackt werden. Es ist paradox, dass die Trophäenjagd als Herzstück einer der weltweit erfolgreichsten Transformationen hin zu einer grünen Wirtschaft ist, zerstört werden soll, es wäre eine Katastrophe für den Naturschutz."

Der Brief betont, dass europäische Kolonisten Menschen in Afrika schon seit langer Zeit im Namen des Naturschutzes systematisch missbraucht haben. Er weist auch darauf hin, dass Anti-Jagd-Kampagnen enorme Geldsummen eingebracht haben, aber es gibt kaum Hinweise darauf, dass dieses Geld den Menschen zugekommen wäre, die an der Seite der afrikanischen Wildtiere leben.

Masego Madzwamuse, Chief Executive des Southern Africa Trust, kommentiert: "In einer Zeit, in der es weltweit darum geht, (soziale) Ungerechtigkeiten zu korrigieren, ist es bedauerlich, dass die Kampagnen, die diese Prominenten unterstützen, darauf abzielen, den Einheimischen in den verschiedenen ländlichen Gebieten Afrikas das Recht zu verweigern, den Wildbestand auf ihrem Land nachhaltig zu bewirtschaften. Auch wenn dies nicht ihre Absicht ist, so ist es doch die Realität, und das ist Heuchelei. Ländliche Gemeinschaften leben jeden Tag mit den Kosten der Wildtierhaltung, ihre Stimme zählt. Wenn wir sagen, dass das Leben der Schwarzen eine Rolle spielt, dann müssen wir alle Schwarzen meinen, überall".

Maxi Pia Louis, Direktorin der namibischen Vereinigung der CBRNM-Unterstützungsorganisationen, betonte, dass die Gemeindeführer die Gelegenheit begrüssen würden, mit Prominenten zusammenzuarbeiten, die sich für den Naturschutz interessieren: "Kommen Sie und verbringen Sie einige Zeit in unseren Gemeinden, erleben Sie die täglichen Realitäten des Naturschutzes in Afrika und verstehen Sie, wie tief diese wunderbaren Tiere in unseren Kulturen verwurzelt sind. Hören Sie unsere Stimmen und nutzen Sie Ihren Einfluss, um mit uns zusammenzuarbeiten, um die afrikanische Tierwelt zu erhalten".