Protest gegen Leserreisen der Coop-Zeitung
Leserreisen nach Burma
Protestbrief an Coop-Zeitung
An die Redaktion der Coopzeitung
«Leserbriefe»
Postfach 2550
4002 Basel
cc. Herrn Urs Knapp, Chefredaktor
Reiseredaktion
Basel, 19.8.1999
Leserreise nach Burma und Thailand
Sehr geehrte Damen und Herren
Der Reisebericht, mit dem Sie die Ausschreibung der Leserreise nach Burma und Thailand illustrieren, hat unser Interesse geweckt. Doch was haben die Erlebnisse eines erfahrenen Burmareisenden, der sich mit der einheimischen Bevölkerung auszutauschen vermag und alte Freundschaften in Burma pflegt, mit der Gruppenreise zu tun, die Sie ausschreiben? Den Details des Reiseablaufes, die man in der Ausschreibung vergeblich sucht und erst auf Internet zusammensuchen muss, ist zu entnehmen, dass die Teilnehmenden rund vier der insgesamt zwölf Reisetage in Burma verbringen und dort die kulturhistorischen Stätten aufsuchen, wie sie in jeder anderen Pauschalreise auch angeboten werden. Wo bleibt da die Zeit, die für eine Begegnung, einen fairen Austausch mit Menschen in Burma vonnöten wäre? Es ist wohl auch besser so, denn nach wie vor können Einheimische von den staatlichen Sicherheitskräften verfolgt werden, nur weil sie mit Fremden ein Gespräch führen. Doch wie wollen Sie bei Ihrem gedrängten Besuchsprogramm in Burma den ganz wesentlichen Punkt sicherstellen, den Sie in ihrem Info-Kasten unterstreichen, dass nämlich die Bevölkerung effektiv von den Ausgaben der Reisenden profitiert? Ihre Ausschreibung gibt auch bei intensiver Suche auf dem Web keinen Aufschluss darüber, welche Leistungsträger Sie etwa vor Ort berücksichtigen. Es gibt ja mittlerweile «nichtstaatliche», das heisst private Anbieter touristischer Leistungen in Burma. Doch sahnt auch bei Ihrer Reise die herrschende Militärdiktatur ab, allein beim völlig überrissenen Zwangsumtausch, der den Generälen ganz erhebliche Einkünfte in Devisen beschert und so zu ihrer Machterhaltung beiträgt.
Die Coopzeitung zeichnet sich immer wieder durch fundierte Reiseberichterstattung aus. Wo aber bleibt hier die Transparenz, die gerade im Zusammenhang mit Reisen nach Burma so wichtig ist, damit die interessierte Kundschaft auch eine verantwortliche Reiseentscheidung fällen kann? Die beiden staatlichen Informationsquellen, auf die Sie im Info-Kasten verweisen, werden die potenziellen Reisenden ja wohl kaum darüber aufklären, wie im Zuge des Tourismusausbaus Hunderttausende von Menschen aus ihren Heimstätten zwangsumgesiedelt wurden, um touristischen Einrichtungen Platz zu machen, und dass unzählige Menschen noch immer in Zwangsarbeit Strassen, Flughäfen, Eisenbahnlinien errichten müssen, die auch für den Tourismus genutzt werden. «Wissenswert» wäre in diesem Zusammenhang auch, dass die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi nicht nur die bekannteste Regimegegnerin ist, wie Sie im Info-Kasten schreiben. Die Oppositionsführerin hat im Namen der brutal unterdrückten Demokratiebewegung ausländische Unternehmen wiederholt aufgefordert, jetzt nicht in Burma tätig zu werden, weil damit zwangsläufig die Generäle gestützt werden. Erst im vergangenen März hat Aung San Suu Kyi gegenüber englischen Medien nochmals klar zum Ausdruck gebracht, dass Touristinnen und Touristen auch weiterhin nicht nach Burma reisen sollten. Die Menschen in Burma, die um ihre Rechte und ihr Überleben kämpften, seien nicht auf westliche Reisende angewiesen, um ihre Lage zu verbessern. Die wirksamste Unterstützung für die breite burmesische Bevölkerung sei, sich zu Hause über die Lage in Burma zu informieren und dieses Wissen weiterzutragen. Dazu könnte doch die Coopzeitung, die immerhin in einer Auflage von über 1,2 Millionen wöchentlich gratis verteilt wird, ganz entscheidend beitragen.
Gerne stellen wir Ihnen bei Bedarf weiterführende Informationen zur Verfügung.
Für den Abdruck dieses Briefes und die Beantwortung der Fragen bedanken wir uns im Voraus herzlich und verbleiben
mit freundlichen Grüssen
Christine Plüss
arbeitskreis tourismus & entwicklung