Qiu Xiaolong: Schwarz auf Rot. Oberinspektor Chens dritter Fall. Kriminalroman
(When red is black. 2004. Aus dem Amerikanischen von Susanne Hornfeck.)
Paul Zsolnay Verlag, 2005
302 Seiten, Fr. 36.–; € 19.90
Delikatessen aus Shanghai
Chen, ein aufstrebender Kader, dessen Beziehungen bis in höchste Pekinger-Kreise reichen, ist Oberinspektor, Dichter, Übersetzer und – Feinschmecker.
In einem traditionellen Shanghaier Wohnhaus wird eine dissidente Schriftstellerin umgebracht. Oberinspektor Chen ist gerade mit einer lukrativen Übersetzungsarbeit beschäftigt und übergibt deshalb den Fall Hauptwachtmeister Yu. Dieser verhört die Mitbewohner der Ermordeten, die alle auf engstem Raum in einer ehemaligen Privatvilla leben. Während Yu versucht, mit den widersprüchlichen Zeugenaussagen klarzukommen, drängt die Parteiobrigkeit auf eine schnelle Lösung des Falles, der offenbar einen politischen Hintergrund hat. Oberinspektor Chen greift ein, den entscheidenden Hinweis zur Aufklärung liefert aber Yus Frau: Sie liest den Roman der Ermordeten und entdeckt eine literarische Fährte.
Nach «Tod einer roten Heldin» und «Die Frau mit dem roten Herzen» ist dies der dritte Oberinspektor-Chen-Roman des in Shanghai geborenen und heute in den USA lebenden Autors.
Der Plot ist packend, die eigentliche Faszination dieses Buches macht aber nicht der Kriminalfall aus. Die Beschreibung des boomenden Shanghais, seiner Bevölkerung und der prekären Wohnverhältnisse sind mindestens so spannend und ergeben ein differenziertes Gesellschaftsbild des heutigen Chinas. Ausserdem ist der Roman eine Hymne auf die Literatur, und sogar die Liebhaber der chinesischen Küche kommen auf ihre Rechnung: Geschmorte Reisfeld-Aale, gedämpfte Weichschildkröten, gebratene Spatzenmägen und andere Köstlichkeiten machen Appetit. Auf dass Oberinspektor Chen nicht der einzige Feinschmecker bleibe.
Katrin Ruchti-Fehr
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