Seit einigen Jahren sind sich die TourismusexpertInnen einig: Die Zukunft liegt im Qualitätstourismus. Doch uneinig sind sich die verschiedenen Akteursgruppen über die genaue Bedeutung der „Qualität“: Die Hoteliers und Tourismusverbände stellen meist die Qualität der „Hardware“ – die Sterne an der Hoteltür – und die Qualität der „Software“ – die Freundlichkeit und Aufmerksamkeit des Personals – in den Vordergrund. Demgegenüber fordern die Umweltorganisationen einen ebenso grossen Stellenwert für die Qualität der Natur und Landschaft.
Die 2. Bergeller Gespräche vom 5.-8.11.98 in Salecina / Maloja hatten genau dieses Auseinanderdriften zum Thema. Schon das Einleitungsreferat von Prof. Hansruedi Müller vom FIF in Bern zeigte deutlich, dass Umwelt und Kultur in der jüngsten Qualitätsoffensive des Schweizer Tourismus bisher keine grosse Rolle spielen. „Die Handlungsspielräume der Umwelt sind klein, weil die Akzeptanz für entsprechende Massnahmen bei den touristischen Akteuren gering ist“, so Müller. Dem widerspricht eine Studie, die im Auftrag von WWF Schweiz im Vorfeld der Tagung erstellt wurde. „Die Wichtigkeit von Unweltschutz-Massnahmen zur langfristigen Sicherung der touristischen Ressourcen steht für alle Akteursgruppen eindeutig ausser Frage“.
Vielleicht liegt das Problem ja wirklich zwischen Wissen und tun, wie das Müller schon auf der ITB 1998 vermutet hat. Ob es sich die Schweizer leisten können, eigene Wege zu gehen in Zeiten, in denen sogar der traditionell umweltmässig nicht sehr fortschrittliche Bereich des Ferntourismus auf Umweltkurs einschwenkt, sei dahingestellt. Zu beobachten ist, dass sich neben der deutschen Initiative „Forum Anders Reisen“ auch eine Reihe österreichischer Reiseveranstalter der Kopf über Qualitätskriterien – inklusive Umweltqualität – zerbricht, und dass Schweizer Reiseveranstalter gerade die „Erklärung von Kreta“ verabschiedet haben, die u.a. eine Bevorzugung von umweltfreundlichen Hotelanlagen vorsieht. Die während der Salecina-Tagung anwesenden Schweizer NGO-VertreterInnen sprachen sich jedenfalls für ein gemeinsames Vorgehen im Thema Tourismus aus. Die Umwelt soll wieder, wie im ersten ursprünglichen Konzept vorgesehen, das wichtige dritte Standbein der Qualitätsoffensive des Schweizer Tourismus werden.

Christian Baumgartner