"In einem anderen Land wäre M. schon längst zur Professorin an einer grösseren Universität ernannt oder womöglich von einer liberalen Regierung in ein beratendes Gremium geholt worden (…)" eröffnet Stefan Howald sein Porträt "Quer denken" von M., eine manchmal staunende, liebevolle Betrachtung und Würdigung der Eigenheiten und Verdienste von Mascha Madörin. Es ist zugleich einer der persönlichsten Texte und hat der Hommage zum 70. Geburtstag der kritischen Schweizer Ökonomin den Titel geliefert. Mascha Madörin hat wie keine andere den kritischen Ökonomiediskurs in der Schweiz beflügelt und Grundlagen geliefert, die den oftmals hermetisch scheinenden Wirtschaftstheorien die nötige Öffnung bringen könnten.
32 Seiten lang ist die Liste von Madörins Publikationen am Ende des Bandes. Sie zeugt von fast vier Jahrzehnten kontinuierlicher Recherche- und Analysearbeit. Die frischgebackene lic.rer.pol. reiste 1971 für ein Jahr nach Burundi, wo ihr Mann Kurt für die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit tätig war. 1976 zogen sie für vier Jahre nach Maputo, Mosambik, wo Madörin als Assistentin der Professorin Ruth First tätig war. Nach ihrer Rückkehr verfasste sie Studien, unter anderem auch zum Bergtourismus in der Schweiz. Ab 1982 griff sie aktiv in die politische Diskussion in der Schweiz ein: Sie wurde Koordination der Aktion Südafrika Boykott, war Mitgründerin der Nachrichtenstelle Südliches Afrika und recherchierte und publizierte für die Aktion Finanzplatz Schweiz-Dritte Welt zu Kreditvergaben ans Apartheidsystem in Südafrika, zu den Wirkungen von Strukturanpassungsprogrammen des Internationalen Währungsfonds auf Frauen, zu Bankgeheimnis und Steuerflucht. Ab 1999 widmete sie sich neuen Bereichen der Wirtschaft: Sie lancierte das Thema der feministischen Ökonomie in der Schweiz und erweiterte zum Thema Care Economy: Dem Wirtschaftsbereich des Hütens, Pflegens und Dienstleistens, der sich nicht mit Maschinen rentabler gestalten lässt. Gleichzeitig blieb sie an den Beziehungen zwischen der Schweiz und Südafrika dran: Von 2001 bis 2004 koordinierte sie die Kampagne zur Entschuldung und Entschädigung im Südlichen Afrika.
Die AutorInnen des Lesebuchs mit und über Mascha Madörin werfen Schlaglichter auf Phasen dieses intensiven Schaffens. Ueli Mäder erinnert sich in seinem Vorwort an die WG-Zeiten mit Mascha und Kurt Madörin. Befragt von Bettina Dyttrich, Stefan Howald und Susan Boos kommt Mascha Madörin zu Wort und gibt Einblicke in ihre Jugend, erzählt von ihren Erlebnissen in Afrika und ihrem Engagement in der Schweiz und gibt pointierte Stellungnahmen. Die Autorinnen Barbara Müller, Res Strehle und Annette Hug skizzieren die Schwerpunktthemen Anti-Apartheidbewegung, Finanzplatzgebaren der Schweiz, feministische Ökonomie und Care Ökonomie.  
Die Hommage an eine der wichtigsten Ökonominnen der Schweiz ist längst überfällig. Das Lesebuch ist gut geschrieben, vielfältig und anekdotenreich, lässt uns den Hut ziehen vor Mascha Madörin und macht Lust, uns wieder neu mit Wirtschaftsthemen auseinanderzusetzen.  
Bettina Dyttrich, Stefan Howald (Hrsg.): Quer denken: Mascha Madörin. Über Antikolonialismus, Südafrika-Solidarität, Kritik am Schweizer Finanzplatz, feministische Wirtschaftstheorie und Care-Ökonomie. Ein Lesebuch mit und über Mascha Madörin. edition 8, Zürich 2016, Broschur, 128 Seiten, CHF 29.00, EUR 25.80. ISBN: 978-3-85990-293-0. Auch als Ebook erhältlich