Reisen ist kein Club der weissen Männer (und war es auch nie)
Basel, 8.10.2014, akte/ Abena Clarke aka MsMovingBlack hat viele weisse, aber auch viele schwarze FreundInnen. Wenn letztere reisen, erleben sie die gleichen Orte anders. Darüber reflektiert MsMovingBlack in ihrem gleichnamigen Blog. Sie selbst wählt Orte und Sehenswürdigkeiten, die eine weisse Person ihres Alters eher weniger wählen würde. In Südafrika etwa Ginsberg im Eastern Cape, als spirituelle Heimat der Black Consciousness Bewegung, und der Geburtsort von Steve Biko, der von der Apartheidregierung umgebracht wurde. Oder in Haiti: Die Reiseführer warnten vor den vielen Gefahren, aber als schwarze Frau erlebte sie dies ganz anders. Sie mischte sich ganz natürlich unter die Leute und fühlte sich in Jacmel und Cap Haitien sicher.
Sie findet es problematisch, wenn Schwarze touristische Aktivitäten wie Safaris und Strandurlaub von den Weissen übernehmen. Denn noch sei die Gaffer-Haltung bei TouristInnen üblich, bei der nicht der Mensch betrachtet werde, sondern nur der Unterschied und das Exotische an ihm. "Sie" sind dann nicht wie "wir", und Rom erscheint in dieser Weltsicht immer noch als Geburtsort der Zivilisation. Und weil TouristInnen in ihrem Heimatland keinen Austauch mit Zugewanderten pflegen, sehen die Einheimischen im Gastland alle gleich aus – nicht auseinanderzuhalten.
Privilegierte Weisse schreiben über "die Anderen"
"Bevor Löwen eigene Historiker beschäftigen, wird die Geschichte der Jagd immer die Jäger glorifizieren", schrieb einmal der nigerianische Schriftsteller Chinua Achebe. So sei es auch bei der (Reise)Berichterstattung. Solange nicht die Einheimischen über ihre Heimat, sondern die privilegierten Reisenden über sie und die "Destination" schrieben, und niemand etwas falsch dabei finde, werde Reisen immer Sache eines "White Boys› Club" bleiben. Selbst wenn noch ein paar Alibischwarze in den Club aufgenommen würden.
MsMovingBlack erinnert daran, dass die Geschichte der Reiseberichterstattung mit der kolonialen Ausbreitung Europas aufkam und eng mit Kolonialismus und "wissenschaftlichem" Rassismus verknüpft ist. Reiseberichte galten als Belege für die angebliche Überlegenheit der Weissen durch die Darstellung der "Exoten" als barbarisch, lasziv oder einfach nur "anders". Indem man sie als nicht richtig menschlich darstellte, wurde der Boden für die barbarischen Invasionen und die unmenschliche Ausbeutung bereitet, die dann als "Zivilisation bringen" verklärt wurden.
Wer will, dass sich moderne Reiseberichterstattung – oder auch die Medienberichterstattung – wandelt, muss sich mit deren Geschichte auseinandersetzen, sagt MsMovingBlack: "Wir können nicht darüber reden, wer reisen kann und wessen Land in eine "Destination" verwandelt wird – und wessen Land nicht – ohne über Geschichte und Macht zu sprechen!"
Bani Amor schreibt für den Blog des Nowhere Magazins und macht bei VONA/Voices mit. Beiträge von Amor wurden unter anderem auch in Word Riot, Bluestockings Magazin und Matador Network publiziert.