Wien, 21 Uhr 15. Etwas nervös rollen wir, den rechten Fuss auf dem linken Pedal, den langen Zug entlang. Wir müssen nach vorn, denn der hintere Teil wird ab Salzburg nach Venedig ziehen. Nur, wo ist vorn? Zugbegleiter in braunen Uniformen machen keine Anstalten, uns den Weg zum Fahrradabteil zu weisen. Am Ende erbarmt sich doch einer und hilft uns, die Räder hineinzuhieven. Die Velotickets hatten wir schon zuvor um die Mittelstangen gepfriemelt. Als fürchte er um den Ruf des Wiener Schmäh, nimmt mir der flotte Beamte meine Satteltaschen ab und begleitet uns zum Schlafwagen drei Waggons weiter. Wir eilen über das Perron, was bedeutend schneller geht, als innen durchzugehen. Am Einstieg übernimmt ein Kollege, nicht ohne unsere Billetts sorgfältig inspiziert zu haben. Willkommen an Bord des Wiener Walzer alias EuroNight 466!    

Nachtzüge ausgebucht

Dabei wollten wir ursprünglich gar nicht nach Wien, denn die Nachtzugverbindungen Zürich–Wien–Zürich kennen wir bereits aus dem letzten Jahr anlässlich unserer Radtour von Wien nach Budapest. Unsere Route Hamburg–Berlin vor zwei Jahren hatten wir ebenfalls wegen der komfortablen An- und Abreise über Nacht gewählt. Dieses Jahr wollten wir das Ijsselmeer umrunden. So der Plan. Nicht einkalkuliert hatten wir, dass bereits sieben Wochen vor geplanter Abreise entweder Schlafwagen oder Veloplätze oder beides im CityNightLine Pegasus nach Amsterdam ausgebucht sein würden. I chumme, chumme, chumme nid drus: Wenn die Nachfrage ungebrochen ist, wieso soll dann das Angebot abgeschafft werden? Auch wurden die Nachtzüge kaum mehr beworben. Schon seit Jahren gabs die Flyer des CityNight- Line-Streckennetzes nicht mehr an den Schweizer Bahnhöfen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Ein befreundeter Profi vom Schalter findet für uns noch Plätze im Wiener Walzer. Radeln wir eben von Regensburg nach Wien. Der vertraute Geruch von Bremsstaub, Mensch und frischer Wäsche begrüsst uns. Wir beziehen unser Double-De-luxe-Abteil, beobachten dekadent aus unseren Sesseln durch die offene Tür das Gewimmel im Gang. Mir kommt Tetris in den Sinn. Wir streifen die vorhandenen Frotteeschlappen über, lassen den ersten Korken der beiden gekühlten Sektfläschchen knallen, als der Abpfiff ertönt. Lässig geben wir uns als alte Hasen zu erkennen und deuten dem Schaffner, er möge sich der anderen Passagiere annehmen, während wir unsere Kreuzchen auf dem Frühstücksbestellzettel machen. 

Kein Speisewagen

Und da passiert es auch schon: In welche Richtung es denn zum Speisewagen ginge, fragt ein Neuling. Uns war der stete Serviceabbau in der Vergangenheit freilich nicht entgangen. Mir tun beide leid – der hungrige Passagier wie auch der stammelnd auf seine Minibar verweisende Zugbegleiter. Nimm ein Bier mehr, schicke ich in Gedanken an den Mitreisenden.Wir sind satt, haben wir uns doch zuvor beim "Pfarrwirt" – ganz k. u. k. – den Bauch vollgeschlagen. Mit Rücksicht auf die Nachtruhe ertönt bereits bei Wien Meidling gegen 21 Uhr 30 die letzte Durchsage. Mein Freund macht sich bettfertig, obwohl er sich, da nicht gerade schmalbrüstig, in der Nasszelle kaum drehen kann. Auch unser Zug ist ausverkauft, so berichtet uns der Uniformierte. Wie ein geprügelter Hund teilt uns der Zugbegleiter mit, dass wir erst zwei Stunden später als üblich in Zürich ankommen werden. Er hat schon eine Odyssee durch sein Revier hinter sich. Grund seien planmässige Bauarbeiten auf der Strecke. Leider waren nur die im Sitzen Reisenden vorab im Bilde. Für uns ist die Verzögerung ein Fest, als seien damit unsere Ferien verlängert. Wir geniessen jede Minute in unserem Abteil. Es könnte das letzte Mal sein. In der Haut eines Geschäftsreisenden möchte ich allerdings nicht stecken. Ich erinnere mich, dass die DB Businessmen als Zielgruppe des CityNightLine ohnehin nie im Visier hatte. Ausgerechnet. Die Klimaanlage leistet ganze Arbeit. Immerhin kann man sie selbst dosieren. Aber – Klappern gehört zum Handwerk – man hört sie deutlich. Wohl gibts die Ohrstöpsel ihretwegen. Dankbar sind wir für das Mineralwasser gegen die Dehydrierung. Nach dem zweiten Sekt schlüpfe ich in meine Koje. Auf die altmodisch gestärkte Bettwäsche habe ich mich schon die ganze Zeit gefreut. Das Ruckeln des dahinbrausenden Zuges wiegt mich in den Schlaf wie das Wippen des Kinderwagens als Baby. Fast erbost erwache ich, wenn der Zug zwecks Rangieren irgendwo stehen bleibt. Denn nirgends schlummere ich seliger als im Zug.  

Dafür mit Velo 

Nirgends lässt sich auch mit Velos bequemer reisen. Satteln, packen, einladen und hopp. Gegen einen Billigflieger sträube ich mich seit dem Kyoto-Protokoll. Und wünschte, das täten auch andere. Ich hätte auch keine Lust, einen Werkzeugkoffer zu bemühen, um Vorderrad abzumontieren, die Pedale umzulegen und die Luft aus den Schläuchen zu lassen, nur um von A nach B zu kommen. Dank Nachtzug beginnt meine Veloreise vor der Haustür. Abgesehen davon, dass man über Nacht Zeit und Geld spart. Der Weckdienst war nicht nötig, die Sonne tut ihren Dienst – trotz schmutziger Scheiben, wie mir erst jetzt auffällt. Kunststück, gestern Abend war es schon finster. Gegen 8 Uhr passieren wir Feldkirch. Während des Frühstücks füllen wir den Umfragebogen der ÖBB aus, und zwar jeder einen. Wir sparen nicht mit Lob, schwören Treue, wollen wir doch die ÖBB motivieren, für die DB in die Nachtzug-Bresche zu springen. Auf die SBB setzen wir nicht. Werden uns Amsterdam und Prag noch vergönnt sein? Müssen wir unsere guten Vorsätze über Bord werfen und doch bei Easyjet & Co. einchecken? Während der beiden Extrastunden Fahrt schmieden wir Pläne für die nächsten Veloferien. Wir wollen uns nicht vom Nachtzug verabschieden. 

Kein Speisewagen

Und da passiert es auch schon: In welche Richtung es denn zum Speisewagen ginge, fragt ein Neuling. Uns war der stete Serviceabbau in der Vergangenheit freilich nicht entgangen. Mir tun beide leid – der hungrige Passagier wie auch der stammelnd auf seine Minibar verweisende Zugbegleiter. Nimm ein Bier mehr, schicke ich in Gedanken an den Mitreisenden.Wir sind satt, haben wir uns doch zuvor beim "Pfarrwirt" – ganz k. u. k. – den Bauch vollgeschlagen. Mit Rücksicht auf die Nachtruhe ertönt bereits bei Wien Meidling gegen 21 Uhr 30 die letzte Durchsage. Mein Freund macht sich bettfertig, obwohl er sich, da nicht gerade schmalbrüstig, in der Nasszelle kaum drehen kann. Auch unser Zug ist ausverkauft, so berichtet uns der Uniformierte. Wie ein geprügelter Hund teilt uns der Zugbegleiter mit, dass wir erst zwei Stunden später als üblich in Zürich ankommen werden. Er hat schon eine Odyssee durch sein Revier hinter sich. Grund seien planmässige Bauarbeiten auf der Strecke. Leider waren nur die im Sitzen Reisenden vorab im Bilde. Für uns ist die Verzögerung ein Fest, als seien damit unsere Ferien verlängert. Wir geniessen jede Minute in unserem Abteil. Es könnte das letzte Mal sein. In der Haut eines Geschäftsreisenden möchte ich allerdings nicht stecken. Ich erinnere mich, dass die DB Businessmen als Zielgruppe des CityNightLine ohnehin nie im Visier hatte. Ausgerechnet. Die Klimaanlage leistet ganze Arbeit. Immerhin kann man sie selbst dosieren. Aber – Klappern gehört zum Handwerk – man hört sie deutlich. Wohl gibts die Ohrstöpsel ihretwegen. Dankbar sind wir für das Mineralwasser gegen die Dehydrierung. Nach dem zweiten Sekt schlüpfe ich in meine Koje. Auf die altmodisch gestärkte Bettwäsche habe ich mich schon die ganze Zeit gefreut. Das Ruckeln des dahinbrausenden Zuges wiegt mich in den Schlaf wie das Wippen des Kinderwagens als Baby. Fast erbost erwache ich, wenn der Zug zwecks Rangieren irgendwo stehen bleibt. Denn nirgends schlummere ich seliger als im Zug.  

Dafür mit Velo 

Nirgends lässt sich auch mit Velos bequemer reisen. Satteln, packen, einladen und hopp. Gegen einen Billigflieger sträube ich mich seit dem Kyoto-Protokoll. Und wünschte, das täten auch andere. Ich hätte auch keine Lust, einen Werkzeugkoffer zu bemühen, um Vorderrad abzumontieren, die Pedale umzulegen und die Luft aus den Schläuchen zu lassen, nur um von A nach B zu kommen. Dank Nachtzug beginnt meine Veloreise vor der Haustür. Abgesehen davon, dass man über Nacht Zeit und Geld spart. Der Weckdienst war nicht nötig, die Sonne tut ihren Dienst – trotz schmutziger Scheiben, wie mir erst jetzt auffällt. Kunststück, gestern Abend war es schon finster. Gegen 8 Uhr passieren wir Feldkirch. Während des Frühstücks füllen wir den Umfragebogen der ÖBB aus, und zwar jeder einen. Wir sparen nicht mit Lob, schwören Treue, wollen wir doch die ÖBB motivieren, für die DB in die Nachtzug-Bresche zu springen. Auf die SBB setzen wir nicht. Werden uns Amsterdam und Prag noch vergönnt sein? Müssen wir unsere guten Vorsätze über Bord werfen und doch bei Easyjet & Co. einchecken? Während der beiden Extrastunden Fahrt schmieden wir Pläne für die nächsten Veloferien. Wir wollen uns nicht vom Nachtzug verabschieden.