Ein Brief an seine Lebensgefährtin in der Schweiz, verfasst am 24. Mai 2000 in einem Buschversteck beim Urwaldort Bareo auf der Insel Borneo, mit Marke aber ohne Poststempel – das ist das letzte Lebenszeichen von Bruno Manser. Seine Spur verliert sich im Regenwald des Sarawak, wo er sich für die Penan-Nomaden in ihrem Kampf ums Überleben einsetzte. Verschiedene Suchaktionen vermochten keine Klarheit zu schaffen, was mit ihm passiert ist. Im März 2005 erklärten die Schweizer Behörden Bruno Manser offiziell für verschollen. Nun zeichnet der Basler Journalist Ruedi Suter, selbst in Afrika geboren und profunder Kenner der bedrohten indigenen Völker, das Leben des engagierten Menschenrechtsaktivisten nach. Über mehr als fünfzehn Jahre kannten sich die beiden und stritten gemeinsam für die Rechte der Urvölker auf eine würdige Existenz in ihrem angestammten Lebensraum, der ihnen rund um den Globus von mächtigen Holzkonzernen, organisierten Wilderern, Siedlern oder der Tourismusindustrie strittig gemacht wird. Äusserst alarmiert – wie viele der MitstreiterInnen von Bruno Manser – über das rätselhafte Verschwinden des Weggefährten, hat sich Suter auf seine Spuren gemacht. Mit der eindrücklichen Schilderung seiner Erfahrungen als Mitglied einer der letzten Suchexpeditionen nach Bruno Manser im Regenwald des Sarawak, steigt er in die Aufzeichnungen ein. Unmittelbar gibt er so Einblick in das, wofür Bruno Manser sich und letztlich sein Leben einsetzte. In langen Gesprächen mit Familienangehörigen, FreundInnen, mit Leuten, die Manser auf ihrem Weg begleiteten oder sich mit ihm auseinandersetzten, nähert der Autor sich der Persönlichkeit von Bruno Manser im Versuch zu verstehen, was ihn bewegte und antrieb – dies immer respektvoll, wenn zuweilen auch bohrend und kritisch. So erfasst er Bruno Manser in seinen vielen Dimensionen: Ein Multitalent, Handwerker, Naturforscher, zäher Sportler, begabter Maler und Kommunikator, aber auch kauziger Querdenker – ein eigenwilliger und ideenreicher Aktivist, der mit seinen politischen Vorstössen und spektakulären Aktionen Entscheidungsträger auf höchster Ebene dazu brachte, sich mit der Zerstörung der Urvölker zu befassen (siehe akte-Kurznachrichten 3/2004).
Doch Ruedi Suters Buch ist viel mehr als einfach eine Biografie von Bruno Manser. Der Autor liefert uns zu Mansers Lebenslauf eine wertvolle zeitgenössische Chronik der nationalen und weltpolitischen Ereignisse, reiht Mansers Werdegang und seine Politisierung darin ein und hinterfragt auch seine politischen Entscheide. Da findet man den Bruno Manser wieder, den wir – wie viele andere – aus der Zusammenarbeit kannten: Immer gradlinig, immer eigenständig, ging er seinen Weg, auch wenn seine MitstreiterInnen zur Vorsicht mahnten und ihn vor den Folgen seines Tuns warnten. Sein Verschwinden hinterlässt eine schmerzliche Lücke. Bruno Manser fehlt im Kampf um die Rechte der UreinwohnerInnen des Planeten. Wie sehr, das macht Ruedi Suters Buch deutlich.
Verlag Zytglogge, 2005, 344 Seiten, SFr. 39.-, ISBN 3-7296-0688-3