19.4.
Von Lukla geht es hinauf nach Namche Bazar. Die Gegend verändert sich rasant – es gibt viel mehr schöne Häuser, solide Brücken, modernisierte und teure Restaurants. Die Zahl der Touristen, jetzt zu Beginn der Hauptsaison, ist schon gross und man wandert den ganzen Tag umgeben von Touristen – you‘ll never walk alone, so könnte man wie die Liverpool Fussball-Fans singen. Die Dörfer werden grösser und wachsen immer mehr zusammen. Die Gegend ist stark belebt auch von Trägern, den Einheimischen und Yak-Karawanen, die die Versorgung der Region aber auch der Expeditionen am Mount Everest leisten.
20.4.
Namche Bazar – wir führen Interviews mit den Bewohnern der grössten Siedlung im Khumbu, wollen genau wissen, wie man bislang mit dem Müll umgegangen ist. Ang Dorje vom Sagarmatha Pollution Control Committee erzählt uns, dass man immer von privaten Spenden und Unterstützung abhängig war. Bis heute gibt es kaum eine Unterstützung von öffentlicher Hand. Und wie wurde man den Müll los? "Wir haben ihn einfach verbrannt, machen das noch heute so. Es gibt einige Gruben ausserhalb der Ortschaften, in die der gesammelte Müll geworfen wird. Bevor sie voll sind, zünden wir den Müll an. Die Touristen bekommen das gar nicht mit."
21.4.
Die Gruppe aus EcoHimal-Mitarbeitern und den schwedischen Unterstützern ist auf dem Weg zum Everest Basecamp, um dort den Projektstart zu erleben. Dabei kommen sie am Kloster Tengboche vorbei, das heute von etlichen Lodges umgeben ist, in denen täglich an die hundert Trekker übernachten. Sie produzieren Müll, der von jungen Mönchen gesammelt wird und in einer Grube etwas abseits der Route gelagert und verbrannt wird. "Ich glaube, dass die Touristen hier schon sehr verantwortlich mit dem Müll umgehen", sagt Pasang Sherpa, einer der jungen Mönche, die diese Arbeit erledigen. "Aber die Nepalesen glauben, wenn sie den Müll nicht sehen, gibt es gar kein Problem."
24.4.
Die Gruppe ist in Pheriche angekommen, hat in den Dörfern mit vielen Leuten Gespräche geführt, die Müllsituation analysiert und sich auf diese Weise auch für die grosse Höhe akklimatisiert. Auf 4’200 m ändert sich die Vegetation, wird sehr karg, während der Wind und die Kälte zunehmen. Heuer ist das  Wetter überhaupt völlig unvorhersehbar – es regnet fast täglich, in dieser Höhe heisst das Schneefall! Schwierige Bedingungen für alle, die unterwegs sind und auch nachts kriecht die Kälte in die Hütten und Schlafsäcke. Die Mülleimer aus geflochtenem Bambus sind auch in dieser Höhe voll von Plastikflaschen, in denen "Himalaya Water" oder "Cristal Water" für 100 Rupien (ein Euro) verkauft und mitgetragen wird. Was mit den leeren Flaschen geschehen soll, steht in den Sternen, denn ein Pfandsystem lässt sich wohl kaum umsetzen. Rupert Schnöll aus Kuchl, UNTHA-Ingenieur, und Anton Zuser von der TU Wien, beide Experten für Müllentsorgung, diskutieren, wie ein Plastikzerkleinerungsgerät Abhilfe schaffen kann. Aber vielleicht sollte man die Plastikflaschen besser ganz verbieten, wie die Glasflaschen vor mehr als zehn Jahren? Damals hat EcoHimal 50’000 Bierflaschen ausgeflogen, jetzt kom¬men nur noch Aludosen in den Nationalpark hinein und die kann man wieder verwerten.
27.4.
Ankunft im Everest Basecamp auf fast 5’400 Meter. Die Sherpas der Everest Summiteers Association, Partner in diesem Projekt, haben ihre Zelte bereits aufgeschlagen, die Ausstellung über das Projekt aufgebaut und begonnen, die ersten zwei Tonnen Müll zu sammeln. Obwohl der Platz so entlegen ist, muss man hier auf die Annehmlichkeiten unserer Zivilisation nicht verzichten. Sogar das Internet funktioniert von hier einwandfrei! Heuer wollen 250 Touristen auf den Gipfel steigen. Das heisst aber auch, dass viel Müll schon im Lager entsteht und der Aufwand ist massiv – von in Plastik verpacktem Essen bis zu dem, was jeder so von sich gibt. Der Schneefall der letzten Tage hat den Müll aber gütig zugedeckt. Nach einigen Sonnentagen wird er wieder an die Oberfläche kommen und nicht nur das Auge belästigen.
22 bestens ausgebildete Sherpas haben ihre Mission gestartet, es werden aber noch viel mehr werden. Auch Pemi Diki Sherpa ist hier und in die Cleaning Expedition eingebunden. Sie sagt, sie ist dabei, weil sie es als ihre Verpflichtung ansieht, mitzuhelfen, den Berg und die Region zu reinigen – als Frau, als Sherpani und als Bergsteigerin. "Das ist eine Sache, wo man einfach dabei sein muss!"
Die Reinigungsarbeiten am Berg sind jetzt in vollem Schwung, haben aber durch die schwierigen Wetterumstände verspätet begonnen. Sie werden wohl vor dem Monsun nicht zur Gänze abgeschlossen sein, sondern sich in den Herbst hineinziehen. Bis dahin soll auch der Regierungsentwurf mit der neuen Regelung für die Expeditionen fertig sein. Dann wird auch die wissenschaftliche Analyse des Müllproblems in der Region vorliegen. Auf dieser Grundlage wird EcoHimal gemeinsam mit allen Partnern für das Welterbe Nationalpark Mount Everest eine Konzeption für den zukünftigen Umgang mit Müll ausarbeiten.


Die internationale Nichtregierungsorganisation EcoHimal mit Sitz in Salzburg und einer Schwesterorganisation in Kathmandu, Nepal, arbeitet seit 1992 gemeinsam mit Basisinitiativen und Dorfgemeinschaften daran, die Lebensbedingungen der lokalen Bevölkerung in der Himalajaregion nachhaltig zu verbessern. Für EcoHimal, die Gesellschaft für Zusammenarbeit Alpen – Himalaja, bildet das Bekenntnis zu nachhaltiger Entwicklung das Fundament jeglicher Zusammenarbeit in Nepal, Tibet und Pakistan. Alle Projekte verfolgen ökologische, ökonomische, soziale und kulturelle Zielsetzungen, die gemeinsam mit den Einheimischen in regionalen Entwicklungsprojekten umgesetzt werden.

Martin Edström ist ein junger Journalist mit einem internationalen Renomee. Er hat verschiedene Preise als Dokumentar- und Reisefotograf gewonnen, darunter den International Travel Photographer of the Year Award 2009 in der Kategorie "People of the World". Er studierte Journalismus in Stockholm und lebt als freischaffender Journalist und Fotograf. Er reist viel und arbeitet zu Themen wie HIV/AIDS, Flüchtlinge, Umweltschutz. Dabei sucht er auch Motive abseits der Mainstream-Medienberichterstattung.