Rezension und Empfehlung von Literatur glObal, Arbeitsgruppe Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika - EvB

(Arawim rokedim, 2002. Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler)
Berlin Verlag, Berlin 2002
279 S., € 19.- / Fr. 32.30
ISBN 3-8270-0491-8

Der 27-jährige Araber Sayed Kashua hat sein Buch „Tanzende Araber“ auf Hebräisch geschrieben. Wenn man ihn schon nötige, ein arabischer Israeli zu sein, dann wolle er in hebräischer Sprache schreiben, sagt er. Daran wird deutlich, in welchem Zwiespalt Muslime noch drei Generationen nach der Staatsgründung in Israel leben. Der Verfasser will der israelischen Seite zeigen, wie unerwünscht ein israelischer Araber im Grunde genommen ist, den der israelische Staat in die besetzten Gebieten aussiedeln möchte.
Wer bin ich eigentlich? Um diese Frage dreht sich das autobiographisch geprägte Buch. Der Ich-Erzähler wächst in einer arabischen Familie auf. Sein Grossvater ist 1948 im Kampf gefallen. Sein Vater, ein überzeugter Kommunist, wurde 1967 mit einem Bombenanschlag in Verbindung gebracht und sass längere Zeit im Gefängnis. Für den Sohn bleibt das alles Geschichte, auch die verschiedenen Kriege und die palästinensischen Flüchtlingslager. Aber die Grossmutter zeigt dem Ich-Erzähler den Schlüssel zu ihrer Truhe, in der unter Alltagsgegenständen versteckt Spuren der Familiengeschichte zu entdecken sind.
Der Junge sieht israelischer aus als ein durchschnittlicher Israeli. Er besucht eine israelisch-jüdische Internatsschule. Er perfektioniert seine Kenntnisse der hebräischen Sprache und hat während der Schulzeit eine jüdische Freundin. Doch sein Vater sagt: „Ein Araber bleibt immer ein Araber.“ Der Sohn muss einsehen, dass diese Aussage stimmt. Das Abschlussexamen gelingt ihm nicht. Die Freundschaft zur jüdischen Schulkollegin hat keine Zukunft. Der Ich-Erzähler muss erfahren, dass er bei den jüdischen Israeli unerwünscht ist. Mit dem Ausbruch der Intifada merkt er, dass er nicht als israelischer Staatsbürger, sondern als Feind wahrgenommen wird.
Sayed Kashua eckt mit seiner Erzählung an. In Israel ist sein Roman ein Bestseller, der aber von arabischer Seite abgelehnt wird, weil der Verfasser als Nestbeschmutzer gilt. Die Lektüre bringt für uns einen bedrückenden Aspekt der israelisch-arabischen Auseinandersetzungen zur Sprache. Das macht das Buch höchst lesenswert.

Michael Schwarz

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