Der kürzlich veröffentlichte Bericht über den Zustand von Umwelt und Entwicklung im Mittelmeerraum kommt zu dem Schluss, dass die Umweltzerstörung schwerwiegende und dauerhafte Folgen für die menschliche Gesundheit und die Lebensgrundlagen in der Region haben könnte, wenn nicht umgehend und entschlossen gehandelt wird, um die gegenwärtigen Trends zu stoppen. Letztmals wurde 2009 ein solcher Bericht, erstellt von Plan Bleu, einem regionalen Aktivitätszentrum des UNEP-Mittelmeeraktionsplans (MAP), veröffentlicht.

Dem neusten Bericht zufolge sind 15 Prozent der Todesfälle im Mittelmeerraum auf vermeidbare Umweltfaktoren zurückzuführen; 2016 starben mehr als 228’000 Menschen vorzeitig an den Folgen der Luftverschmutzung. Die Region – eines der begehrtesten Tourismusziele der Welt (360 Millionen Ankünfte im Jahr 2017) und eine der verkehrsreichsten Schifffahrtsrouten – wird täglich durch schätzungsweise 730 Tonnen Kunststoffabfälle verschmutzt. Das Vorkommen von mehr als 1’000 nicht einheimischen Tierarten stellt ebenfalls eine Bedrohung für die biologische Vielfalt dar, und die Region erwärmt sich 20 Prozent schneller als der globale Durchschnitt.

"Indem der Bericht die Fehler der Vergangenheit aufdeckt, können die Ergebnisse des Berichts eine grüne Renaissance im Mittelmeerraum anleiten. Wenn wir jetzt umweltfreundlichere Entwicklungspfade einschlagen, können wir die Trends der Umweltzerstörung aufhalten und hart erkämpfte Erfolge bei der Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung retten", sagte Gaetano Leone, Koordinator des Sekretariats des UNEP/MAP-Übereinkommens von Barcelona.

An der europäischen Küste liegt das Bruttoinlandprodukt durchschnittlich dreimal höher als in den Ländern des südlichen und östlichen Mittelmeerraums; entsprechend ist diese Region, in der mehr als 512 Millionen Menschen leben, nicht auf gutem Weg, um die globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) bis 2030 zu erreichen.

"Die Zukunft des Mittelmeerraums steht auf dem Spiel. In den letzten Monaten hat man sich weltweit gefragt, wie die Welt in Zukunft aussehen wird", sagte François Guerquin, Direktor von Plan Bleu. "Dies ist die dritte Ausgabe des SoED-Berichts seit 2005, und seitdem hat sich nur sehr wenig geändert. Wenn wir den Mittelmeerraum für heutige und zukünftige Generationen schützen wollen, können wir uns keine bruchstückhaften Schritte mehr leisten. Wir müssen drastische Veränderungen in unserem Verhältnis zur Natur vornehmen.

Um einen transformativen Wandel herbeizuführen, der die Triebkräfte der Umweltzerstörung bekämpft, nennt der Bericht fünf Aktionsbereiche: 

  • Anreize und Kapazitätsaufbau: Abbau umweltschädlicher Subventionen und Schaffung von Anreizen für nachhaltige Optionen – einschliesslich der Abschaffung von Subventionen für nicht erneuerbare Energien und Grundwasserentnahme – bei gleichzeitiger Befähigung lokaler Verwaltungen und Akteure zur Umsetzung national oder international vereinbarter Verpflichtungen und Massnahmen.
  • Sektorübergreifende Zusammenarbeit: Gewährleistung, dass sich verändernde Entwicklungspfade von allen Sektoren und nicht nur von den für die Umwelt zuständigen Verwaltungen geteilt werden, und Vorrang für Nachhaltigkeit in allen sektoralen Politiken.
  • Vorbeugende Massnahmen: Durchführung von Massnahmen, die eine Verschlechterung der Lage verhindern, die im Allgemeinen weniger kostspielig sind und zu besseren ökologischen und sozialen Ergebnissen führen als Sanierungs- und Heilmassnahmen.
  • Aufbau von Resilienz in unsicheren Zeiten: Ausrichtung von Massnahmen und Investitionen in die Anpassung an prognostizierte Umweltbelastungen, auch durch die Nutzung von Lösungen, die auf der Natur basieren.
  • Durchsetzung rechtlicher Verpflichtungen: Förderung der Verabschiedung von Bestimmungen in der nationalen Gesetzgebung, um Rechenschaftspflicht und rechtliche Massnahmen zu ermöglichen, und Stärkung der rechtlichen und administrativen Mechanismen zur Durchsetzung, einschliesslich der Verpflichtungen, die die Mittelmeerländer im Rahmen des Übereinkommens von Barcelona und seiner Protokolle eingegangen sind.

Der Bericht bietet eine Grundlage für evidenzbasierte Umweltaktionen in der Region; seine Verfasser betonen die Dringlichkeit angemessener und wirksamer politischer Antworten, um den Druck auf die Umwelt zu verringern und gleichzeitig die dringenden Bedürfnisse der menschlichen Entwicklung zu befriedigen.